ZEW-Umfrage unter Finanzmarktexperten - Reverse Mortgages werden zur Aufbesserung der Rente für deutsche Immobilienbesitzer an Bedeutung gewinnen

Forschung

Für Umkehrdarlehen, so genannte Reverse Mortgages, gibt es in Deutschland aufgrund des großen Immobilienvermögens bei älteren Menschen ein großes Potenzial. Davon sind die rund 170 Finanzmarktexperten überzeugt, die das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim im Rahmen seines monatlichen Finanzmarkttests für Deutschland in Zusammenarbeit mit dem Anbieter ImmoKasse GmbH zu diesem Thema befragt hat.

Reverse Mortgages ermöglichen es selbst nutzenden Wohnungseigentümern, ein Darlehen aufzunehmen, und dieses mit ihrer Immobilie abzuzahlen. Auf diese Weise können beispielsweise einkommensschwache ältere Menschen, die ein Haus oder eine Wohnung besitzen, ihre Einkünfte oder Rente deutlich aufbessern. Während der Laufzeit des mit dem Darlehensgeber geschlossenen Vertrags bleibt der Darlehensnehmer Eigentümer und Bewohner seiner Immobilie. Im Gegensatz zu klassischen Hypothekenkrediten werden bei Reverse-Mortgages-Produkten die Zins- und Tilgungszahlungen bis zum Vertragsende gestundet. Erst nach dem Tod des Darlehensnehmers wird die Darlehensrückzahlung aus dem Wert der Immobilie beglichen beziehungsweise vorher, wenn er auszieht, etwa bei Aufnahme in ein Pflegeheim, oder wenn er sein Eigentum verkauft. Zusätzliche Bürgschaften oder Besicherungen anderer Vermögensgegenstände sind nicht vorgesehen. Nach Meinung der vom ZEW befragten Experten steht einer flächendeckenden Verbreitung des neuen Finanzprodukts in Deutschland allerdings entgegen, dass die Verbraucher kaum über das Produkt und seine Wirkungsweise informiert sind.

Mit über vier Millionen Eigenheimbesitzern in Deutschland, die 60 Jahre oder älter sind, gibt es hierzulande zwar viele potenzielle Nutzer von Reverse Mortgage-Produkten, ein erstes Marktangebot formiert sich aber gerade erst. In Europa lassen sich neben dem etablierten Markt in Großbritannien, insbesondere in Spanien, Schweden, Finnland, Frankreich und aktuell auch in Deutschland Marktbildungen beobachten. Besonders attraktiv sind Reverse Mortgage-Produkte für Menschen mit geringem Einkommen, die aber Wohnungseigentum besitzen. Immobilien stellen dabei mehr als 80 Prozent des Vermögens der Deutschen dar, die 65 Jahre oder älter sind.

Verständnisprobleme von Seiten der Immobilieneigentümer in Bezug auf die Wirkungsweise von Reverse-Mortgages sehen die Experten als größtes Akzeptanzhemmnis. Den Verbrauchern hierzulande fehlt die Erfahrung im Umgang mit diesem neuen Produkt. Als mögliches Hemmnis könnte sich nach Ansicht der Experten auch erweisen, dass Immobilienbesitzer in Deutschland häufig den Wunsch haben, eine unbelastete Immobilie zu vererben. Bei einem Umkehrdarlehen haben die Erben ein Wahlrecht: Sie können die Immobilie behalten und das Darlehen mit einem herkömmlichen Annuitätendarlehen ablösen oder sie können selbst verkaufen. Alternativ können sie die Immobilie auch der Bank zur Verwertung überlassen. Keineswegs müssen die Erben die Erbschaft wegen Überschuldung ausschlagen.

Auf der Anbieterseite stellt das Risiko einer extremen Langlebigkeit des Kunden einen bedeutenden Faktor dar, der bisher die Finanzdienstleister zurück gehalten hat, Reverse-Mortgage-Produkte anzubieten. Die Kalkulation der langfristigen Preisentwicklung der Immobilie halten die Experten dagegen für ein geringes Hemmnis für die erfolgreiche Produkteinführung.

Für Rückfragen zum Inhalt

Dr. Gunnar Lang, Telefon: 0621/1235-372, E-Mail: lang@zew.de