Erfahrungen aus den Ministererlaubnisverfahren auf europäischer Ebene nutzen

Kommentar

Prof. Achim Wambach empfiehlt die Untersuchung der Gemeinwohleffekte außerhalb der Wettbewerbsbehörde durchzuführen.

Auf Einladung des  Bundeskartellamts diskutieren heute neben Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager Führungspersönlichkeiten und Wettbewerbsexperten aus verschiedenen Staaten bei der 20. Internationalen Kartellkonferenz aktuelle Fragen des Kartellrechts. Einen der Schwerpunkte der Veranstaltung bildet in diesem Jahr eine Podiumsdiskussion mit Prof. Achim Wambach, Ph.D., Präsident des ZEW Mannheim und Mitglied der Monopolkommission, über Gemeinwohlziele als Herausforderung für die Kartellrechtspraxis. Hierzu erklärt Wambach:

„Das Wettbewerbsrecht mit seinem Fokus der Bewahrung eines funktionsfähigen Wettbewerbs wird zunehmend mit Forderungen nach Berücksichtigung ökologischer und sozialer Aspekte konfrontiert. Das kann zu Zielkonflikten führen. In Deutschland haben wir bereits Erfahrung damit, diese Zielkonflikte zu lösen, mit dem Instrument der Ministererlaubnis. Mit ihr kann der Wirtschaftsminister einen vom Bundeskartellamt aus wettbewerbsrechtlichen Bedenken untersagten Firmenzusammenschluss aufgrund eines „überragenden Interesses der Allgemeinheit“ dennoch erlauben. Diese Erfahrungen können auch für die europäische Diskussion hilfreich sein.

So wird das Instrument der Ministererlaubnis mit Augenmaß genutzt. Seit 1978 gab es erst 23 Anträge auf Ministererlaubnis, nur zehn Fälle wurden positiv beschieden. In den Verfahren ist es nicht immer klar, was genau einen Gemeinwohleffekt ausmacht.  So ist die Erreichung von Vollbeschäftigung sicher im Interesse der Allgemeinheit, der Erhalt von Arbeitsplätzen bei einem bestimmten Unternehmen aber in der Regel nicht. Die Theorie und Methodik der Abwägung der negativen Wettbewerbseffekte gegenüber den positiven Gemeinwohleffekten ist ausbaufähig. So wurde in bislang allen Ministererlaubnisverfahren auf eine dezidierte quantitative Abwägung verzichtet. Mehr Forschung ist notwendig, um besser zu verstehen, wie hoch etwa die Zahlungsbereitschaft der Bevölkerung für Maßnahmen im Klimaschutz ist.

Vor diesem Hintergrund und den noch offenen Fragen wäre zu empfehlen. Gemeinwohleffekte egal ob ökologischer oder sozialer Natur mit Vorsicht und nur mit entsprechender institutioneller Kontrolle in die Praxis der europäischen Wettbewerbskontrolle einzuführen. So wäre daran zu denken, die Untersuchung der Gemeinwohleffekte außerhalb der Wettbewerbsbehörde durchzuführen, und in solchen Verfahren Stellungnahmen von unabhängigen Experten – ähnlich wie in Deutschland durch die Monopolkommission – einzuholen.“

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