Informierte Politik und Information als Politik

Konferenzen

Das achte Forum Klimaökonomie unter dem virtuellen Dach des ZEW

Das 8. Forum Klimaökonomie kommuniziert und diskutiert Ergebnisse aus fünf Projekten des BMBF-Förderschwerpunkts „Ökonomie des Klimawandels“ und wird federführend vom ZEW organisiert.

Welche Rolle spielen Informationen für die Politik zur Ergreifung klimaschützender Maßnahmen? Wie kann die Information selbst politisch wirksam werden, wenn sie die Bürger/innen erreicht und Anreize für deren klimafreundliches Handeln schafft? Wie sich diese Fragen auf deutscher und europäischer Ebene beantworten lassen, zeigten vergangene Woche Vertreter/innen aus Wissenschaft, Industrie, Politik und Zivilgesellschaft im Rahmen des 8. Forums Klimaökonomie. Das Forum fand virtuell statt, was rund 250 Personen das Zuschauen und die Teilnahme an Diskussionen im Chat ermöglichte. 

Als Teil der Veranstaltungsreihe des vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) koordinierten Dialogs zur Klimaökonomie, der aktuelle Themen der Klima- und Energiepolitik aufgreift und zum Gegenstand der Diskussion zwischen Wissenschaft und Praxis macht, wurde das 8. Forum Klimaökonomie von fünf Projekten des BMBF-Förderschwerpunkts „Ökonomie des Klimawandels“ und federführend vom ZEW Mannheim organisiert. Unter dem Motto „Transparente Klimabilanzen - Information für klimafreundliches Handeln“ diskutierten Prof. Dr. Andreas Löschel, Direktor des Zentrums für angewandte Wirtschaftsforschung an der Universität Münster; Delara Burkhardt, Europaabgeordnete der SPD für Schleswig-Holstein; Joachim Lutz, Dekan der Fakultät für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Mannheim; sowie Udo Sieverding, Mitglied der Geschäftsführung der Verbraucherzentrale NRW. Die Moderation übernahm die Journalistin Conny Czymoch, die von Prof. Martin Kesternich in der Rolle des Co-Moderators unterstützt wurde.

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Was nicht gemessen werden kann, kann nicht verbessert werden

Prof. Gernot Klepper, der als Vertreter des IfW in den Dialog einführte, betonte, dass Forschung nicht nur in akademischen Zirkeln stattfinden dürfe, sondern auch die Politik und die Zivilgesellschaft erreichen müsse. ZEW-Präsident Prof. Achim Wambach führte diesen Gedanken in seiner Begrüßung fort und verknüpfte ihn mit der Wichtigkeit der Informationen, denen im Kampf gegen den Klimawandel große Bedeutung zukomme: „Wenn alle wüssten, wie hoch der CO2-Gehalt ist, der in die Herstellung eines bestimmten Produktes eingegangen ist, könnten wir ganz andere Entscheidungen als Konsumenten treffen, die EU hätte es viel leichter, ein Grenzausgleichsystem zu kreieren — da fehlt bisher die Information.“ Auch Prof. Wolf-Dieter Lukas, Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung ordnete dieses Zusammenspiel in seinem Grußwort explizit ein und hob hervor, dass Daten aus Wissenschaft und Wirtschaft die Grundlage für Handlungen der Politik bilden, wie zuletzt bei der Einführung des nationalen Emissionshandelssystems.

Ein Impulsvortrag Andreas Löschels legte anschließend nahe, wie vor dem Hintergrund der Aussage „If you can’t measure it, you can’t improve it“ Markt und Wettbewerb als Entdeckungsverfahren für Möglichkeiten, CO2-Emissionen in verschiedenen Sektoren zu reduzieren, dienen können. Informationen über zukunftsfähige Technologien seien zwar unbestritten wichtig, aus ökonomischer Sicht könne aber auch die Fokussierung auf Emissionshandel und CO2-Bepreisung hilfreich sein, weil derart marktbasierte Instrumente auch ohne Informationen der Haushalte oder der Unternehmen eine Minderung der Klimaemissionen ermöglichen. Die Bereitstellung der Daten müsse vor allem einheitlichen Richtlinien folgen, nur so könne der CO2-Rucksack eines Produktes, also die Summe der CO2-Emissionen aus den unterschiedlichen Schritten der Lieferkette, korrekt ermittelt und die Kaufentscheidung der Konsumierenden positiv beeinflusst werden. Delara Burkhardt sah bei der Transparenz der Lieferkette ebenso die Politik in der Verantwortung: „Für eine erfolgreiche sozial-ökologische Wende sind verlässliche und transparente Informationen für Politik, Unternehmen, Bürger/-innen unerlässlich und hier ist der Gesetzgeber gefragt, um die richtigen Rahmenbedingungen zu setzen, Nachhaltigkeitskriterien klar zu definieren und Berichts- und Offenlegungspflichten zu verabschieden.“

Ergebnisse der Roundtables als thematische Leitplanken

Dem Forum waren zwei virtuelle Roundtables mit Vertretenden der verschiedenen Bereiche vorausgegangen, die von den ZEW-Wissenschaftlern Kathrine von Graevenitz und Prof. Martin Kesternich geleitet und moderiert wurden. Die in den Roundtables erarbeiteten Impulse fanden schließlich als Kurzstatements, die von zwei ZEW-Nachwuchswissenschaftlerinnen formuliert wurden, Eingang in die Paneldiskussion des Forums Klimaökonomie. So leitete der Rückbezug auf den ersten Roundtable den Austausch in Richtung der Frage, welche Bedeutung die Klimapolitik für deutsche und europäische Unternehmen, ihre Wettbewerbsfähigkeit und ihre CO2-Emissionen hat. Joachim Lutz verwies hier erneut auf das funktionierende System des CO2-Preises, unterstrich aber, dass dessen Richtwerte stimmen müssen und dass die Politik das „level playing field“ für Unternehmen garantieren müsse. Lutz griff somit mehrere Vorschläge des Roundtables auf, in dessen Rahmen außerdem Möglichkeiten wie die Kreislaufwirtschaft, CO2-Speicherung und sektorspezifische Maßnahmen zur Sprache gekommen waren. Der zweite Roundtable befasste sich damit, welche Auswirkungen die Corona-Pandemie auf die gesellschaftliche Akzeptanz von klimapolitischen Maßnahmen hat. Über das zentrale Ergebnis des Roundtables hinaus, der das Bewusstsein für klimapolitische Fragen kurzfristig nicht verringert sah, betonte Udo Sieverding, dass viele Menschen die Zeit und Gelegenheit hatten, sich über private Investitionen in klimafreundliche Alternativen, zum Beispiel in ihren Wohnhäusern, zu informieren. „Die Verbraucherzentrale hat alle Hände voll zu tun, die Menschen zu beraten!“, so Sieverding. Delara Burkhardt fügte an, dass die Pandemie die Notwendigkeit, den ökologischen Wandel sozial gerecht zu gestalten herausgestrichen habe.

Die Zuschauenden wurden durch mehrere Umfragen und die Möglichkeit, ihre Fragen im Chat direkt an die Teilnehmenden der Paneldiskussion zu richten, in die Diskussion eingebunden. Die Umfragen ließen ebenso wie die Schlussworte der Teilnehmenden nochmals Einigkeit mit Blick auf den Weg zur Klimaneutralität erkennen: Der Kampf gegen den Klimawandel brauche vor allem eine wissenschaftliche Datenbasis, die politisch ermöglicht und gerahmt werden muss, um ihre Wirkung zu entfalten. Die politische Rahmung müsse die Vollständigkeit und Wahrheit der Daten sichern und die Informationen den Bürger/-innen und Unternehmen außerdem zielgerichtet zur Verfügung stellen.

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