Steuerreform 2001: Deutschland und Frankreich holen im internationalen Standortwettbewerb auf

Forschung

Mit dem Jahreswechsel treten in Deutschland und Frankreich die ersten Maßnahmen der im Jahr 2000 beschlossenen Steuerreformen in Kraft. Beide Staaten wollen auf diese Weise die Investitionsbedingungen verbessern, um sich im internationalen Standortwettbewerb besser zu platzieren. Wie sich die Reformen auswirken, haben das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, und die Universität Mannheim mit ihrem Computersimulationsprogramm "European Tax Analyzer" untersucht. Dabei wird eine repräsentative mittelständische Kapitalgesellschaft des verarbeitenden Gewerbes analysiert, sowohl auf Unternehmensebene als auch auf Gesamtebene (steuerliche Belastung der Unternehmen und der Anteilseigner).

Die Betrachtung auf Unternehmensebene zeigt, dass sich die effektive Steuerbelastung in Deutschland über einen zehnjährigen Berechnungszeitraum von 32,8 Prozent im Jahr 2000 auf 30,1 Prozent im Jahr 2001 vermindert. Dies entspricht einer Entlastung von 8,2 Prozent. Das französische Unternehmen hingegen wird um 1,3 Prozent von 38,9 Prozent auf 38,4 Prozent entlastet. Berücksichtigt man jedoch die weiteren in Frankreich bis ins Jahr 2003 reichenden Reformmaßnahmen, wird das französische Unternehmen deutlich stärker entlastet: Gegenüber dem Jahr 2000 beträgt die Steuerbelastung nur noch 30,6 Prozent. Dies entspricht einer Entlastung von 20,3 Prozent. Unter Einbezug sämtlicher bis ins Jahr 2003 reichender Reformmaßnahmen geht der im Jahr 2000 bestehende steuerliche Vorteil des deutschen Unternehmens von 15,7 Prozent auf 1,6 Prozent im Jahre 2003 zurück.

Eine genaue Analyse der Steuerbelastungswirkungen zeigt dabei, dass für deutsche Unternehmen die Entlastung, die aus der Senkung des Körperschaftsteuersatzes auf künftig einheitlich 25 Prozent resultiert, durch die Verschlechterung der Ab-schreibungsvorschriften nahezu zur Hälfte aufgezehrt wird. Während sich für das entsprechende französische Unternehmen im Jahr 2001 die be- und entlastenden Faktoren noch die Waage halten, übersteigen im Jahr 2003 die Entlastungen, die insbesondere aus der Verringerung der französischen Gewerbesteuer (taxe professionnelle) resultieren, die Belastungen durch die Verschlechterung der Abschreibungsbedingungen.

Für die Analyse von mittelständischen Unternehmen sind die Anteilseigner mit in die Betrachtung einzubeziehen. Daher muss für Deutschland die Absenkung des Einkommensteuertarifs bis ins Jahr 2005 berücksichtigt werden. Danach reduziert sich für das betrachtete Unternehmen die Steuerlast von effektiv 37,4 Prozent im Jahr 2000 auf 30,1 Prozent im Jahr 2005. Dies entspricht einer Entlastung von 19,5 Prozent auf der Gesamtebene. In Frankreich reichen die Maßnahmen bis ins Jahr 2003 und verringern die Steuerlast für dieses Unternehmen um 16,5 Prozent von 47,8 Prozent auf 39,9 Prozent. Während auf Unternehmensebene der Steuerbelastungsvorteil des deutschen gegenüber dem französischen Unternehmen von 15,7 Prozent im Jahr 2000 auf 1,6 Prozent im Jahre 2003 zurückgeht, vergrößert sich der Unterschied bei der steuerlichen Belastung auf Gesamtebene von 21,8 Prozent auf 24,6 Prozent. Verantwortlich dafür sind das jüngst in Deutschland eingeführte Halbeinkünfteverfahren und die deutliche Senkung des deutschen Einkommensteuertarifs. Insoweit fallen die Entlastungen bei der Einkommensteuer in Frankreich zu gering aus, wenn wie in der Berechnung eine für den Mittelstand typische Anteilseignerstruktur mit wenigen Anteilseignern unterstellt wird. Entgegen der Senkung des Einkommensteuerspitzensatzes von 51 Prozent auf 42 Prozent in Deutschland, wird der entsprechende Steuersatz in Frankreich lediglich um 1,5 Prozentpunkte auf 52,5 Prozent reduziert. Zudem erhebt Frankreich nach wie vor eine Vermögensteuer auf Anteilseignerebene.

Im internationalen Vergleich zeigt sich, dass die Steuerreformen die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in Deutschland und in Frankreich auf Unternehmensebene deutlich verbessern. Dennoch werden beide Länder nicht zu Niedrigsteuergebieten. Es erfolgt vielmehr eine Annäherung an die Verhältnisse in den Niederlanden, Großbritannien und den USA. Nach wie vor wird das repräsentative Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes in den Niederlanden und Großbritannien deutlich geringer belastet als in Deutschland. Der Belastungsvorteil beträgt in den Niederlanden 25,4 Prozent und in Großbritannien sogar 43,3 Prozent. Der steuerliche Vorteil der USA geht dagegen auf 1,3 Prozent zurück. In allen drei Ländern wurden für das kommende Jahr noch keine in der Berechnung relevanten Steueränderungen angekündigt.

Eine andere Beurteilung ergibt sich für die Verhältnisse in Deutschland, wenn künftig auf die für den Mittelstand bedeutsame Gesamtebene abgestellt wird. Unter Berücksichtigung der bis zum Jahr 2005 wirksam werdenden Steuersenkungen fällt die Belastung in Deutschland danach im internationalen Vergleich nach Großbritannien am günstigsten aus. Insbesondere in Frankreich weisen mittelständisch strukturierte Unternehmen weiterhin Belastungsnachteile auf. Für den Mittelstand wurde dabei ebenfalls eine Kapitalgesellschaft mit typisierend wenigen Gesellschaftern und hohen Einkünften unterstellt. Für Personengesellschaften wurden keine Berechnungen vorgenommen.

Ansprechpartner

Dr. Gerd Gutekunst, E-Mail: gutekunst@zew.de

Rico Hermann, E-Mail: hermann@zew.de

Dr. Thorsten Stetter, E-Mail: stetter@zew.de