Positive Wirkungen des Konjunkturprogramms der Bundesregierung werden steuerlich durch die unveränderte Diskriminierung der Eigenkapitalfinanzierung überschattet

Forschung

Die Abschreibungsänderungen durch das Konjunkturprogramm der Bundesregierung führen zu einer geringen Steuerentlastung der Unternehmen. Für eine Stimulierung der Investitionstätigkeit ist diese Maßnahme allerdings nur bedingt geeignet. Wichtiger wäre in diesem Zusammenhang eine systematische Beseitigung von Altlasten der Unternehmensteuerreform 2008. Diese setzt an der Finanzierungsseite der Unternehmen an und erfordert eine steuerliche Entlastung von Eigenkapitalentgelten.

Mit einem Katalog gezielter Maßnahmen will die Bundesregierung der Konjunkturschwäche entgegenwirken. Sie sollen die Investitions- und Konsumausgaben von insgesamt 50 Milliarden Euro stimulieren. Das Bundeskabinett will die notwendigen Gesetzesänderungen noch diese Woche umsetzen. Neben Entlastungen für private Haushalte, Infrastrukturmaßnahmen und der Sicherstellung der Kreditversorgung sind Verbesserungen der steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen geplant. Sie umfassen für kleine und mittlere Unternehmen die Heraufsetzung der Betriebsvermögens- und Gewinngrenzen zur Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen. Dies ermöglicht es einem größeren Kreis von Unternehmen diese begünstigten Abschreibungsmöglichkeiten zu nutzen. Darüber hinaus ist - unabhängig von der Unternehmensgröße - eine auf zwei Jahre befristete Wiedereinführung der degressiven Abschreibung in Höhe von 25 Prozent vorgesehen. Die degressive Abschreibung wurde erst im Rahmen der Unternehmensteuerreform 2008 abgeschafft.In den Vorjahren wurde sie mehrfach hinsichtlich des Satzes modifiziert.

Als grundsätzlich positiver Effekt sind Steuerentlastungen durch die geplante Wiedereinführung der degressiven Abschreibung zu beobachten. Die Entlastungen fallen allerdings nur sehr gering aus. Dies zeigen Berechnungen, die am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) durchgeführt wurden (siehe Link am Ende der Pressemitteilung). Auf Basis des investitionstheoretischen Modells von Devereux und Griffith wurde die effektive Durchschnittssteuerbelastung auf Unternehmensebene für die 27 Mitgliedsstaaten der EU nach dem Rechtsstand 2007 ermittelt. Darüber hinaus wurde für Deutschland zusätzlich die Unternehmensteuerreform (Rechtsstand 2008) und die geplante Wiedereinführung der degressiven Abschreibung (Rechtsstand 2009) berücksichtigt. Durch die Unternehmensteuerreform 2008 kann sich Deutschland im internationalen Vergleich spürbar um fünf Positionen auf den 22. Rang verbessern. Insbesondere die Absenkung des Körperschaftsteuersatzes von 25 Prozent auf 15 Prozent vermindert den effektiven Durchschnittssteuersatz um 7,5 Prozentpunkte. Demgegenüber fällt die steuerliche Entlastung durch die Wiedereinführung der degressiven Abschreibung mit 0,02 Prozentpunkten sehr schwach aus. Sie verbessert auch nicht die Position Deutschlands im internationalen Vergleich. Die steuerlichen Wechselspiele bei den Abschreibungsmöglichkeiten sind vielmehr einem stabilen Investitionsklima abträglich.

Angesichts der geringen steuerlichen Wirkung einer Wiedereinführung der degressiven Abschreibung ist zu befürchten, dass diese Maßnahme in der derzeitigen konjunkturellen Situation nur geringe Anreize für zusätzliche Investitionen schaffen wird. Zudem ist eine zeitliche Befristung auf zwei Jahre vorgesehen, was langfristig orientierten Investoren keine Planungssicherheit verschaffen kann. Wenn die Maßnahmen ohnehin geplante Investitionen treffen, könnten sich eher Mitnahmeeffekte einstellen. Es drängt sich daher die Frage auf, warum die Bundesregierung keine Anstrengungen unternimmt, die sich mit der Finanzmarktkrise verschärfenden steuerlichen Probleme auf der Finanzierungsseite der Unternehmen zu lösen. So kommt es durch die Unternehmensteuerreform 2008 steuerlich zu einer verstärkten Diskriminierung der Eigenkapitalfinanzierung. Der Grund dafür ist die fehlende Integration der Abgeltungsteuer in das Unternehmenssteuersystem. Dies hat in der aktuellen wirtschaftlichen Situation schwerwiegende Folgen.

Unter dem derzeitigen Steuersystem werden aus Investorensicht Entgelte aus der Überlassung von Eigenkapital an Kapitalgesellschaften doppelt belastet. Zum einen mit Unternehmensteuern und zum anderen mit der Abgeltungsteuer auf Ausschüttungen. Für Entgelte aus der Überlassung von Fremdkapital kommt es hingegen lediglich zu einer einfachen Besteuerung mit Abgeltungsteuer. Dies bedeutet, dass die Renditeanforderungen für die Eigenkapitalvergabe systembedingt nach oben getrieben werden. Unternehmen, die diese höheren Forderungen der Kapitalgeber nicht erfüllen können, bleibt der Zugang zu zusätzlichem Eigenkapital versperrt. In Krisenzeiten wird Eigenkapital jedoch dringend als existenzsichernder Verlustpuffer benötigt. Anstatt jedoch einen solchen Puffer aufbauen zu können, müssen die Unternehmen in Zeiten rückläufiger Ergebnisentwicklungen - wie aktuell zu beobachten - verstärkt Fremdkapital aufnehmen. Dieses Kapital ist bedingt durch die weltweite Entwicklung an den Finanzmärkten momentan sehr hoch zu verzinsen. Als Folge davon steigen auch die Renditeanforderungen potentieller Eigenkapitalgeber weiter an und können von immer weniger Unternehmen erfüllt werden. Der Weg zu einer Verbesserung der Eigenkapitalausstattung ist somit endgültig versperrt.

Ein Ausweg aus dem beschriebenen Dilemma wäre ein finanzierungsneutrales Steuersystem. Dazu müsste die Belastung von Eigen- und Fremdkapitalentgelten angeglichen werden. Es ist deshalb dringend anzuraten, dem beobachtbaren Finanzierungsengpass bei Investitionen durch eine steuerliche Erleichterung der Eigenfinanzierung entgegenzuwirken. Die vorhandenen Verzerrungen könnten etwa nach dem Vorbild der vom Sachverständigenrat gemeinsam mit dem Max Planck-Institut, München und dem ZEW vorgeschlagenen Dualen Einkommensteuer dauerhaft deutlich verringert werden. Steuerlich bedingte Zusatzhürden der Eigenkapitaleinwerbung würden so vermieden.

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