ZEW Präsident Wolfgang Franz über "Gutmenschen"

Standpunkt

Im Mittelpunkt dieses Beitrags steht die Bevormundung der Bevölkerung durch Gutmenschen, also solchen Weltverbesserern, die eine unerschütterliche Berufung in sich verspüren, ihre Sicht der Dinge Andersdenkenden aufzuzwingen, koste es, was es wolle. Leider ist es nicht damit getan, diesen Zeitgenossen einfach aus dem Weg zu gehen, denn nur allzu häufig gelingt es ihnen, Gutgläubige vor ihren Karren zu spannen. Möglicherweise sind die folgenden Ausführungen politisch nicht immer ganz korrekt. Daher die Warnung: "Achtung! Weiterlesen kann Ihr Sendungsbewusstsein gefährden!".

Ein beliebter Tummelplatz für die Gutmenschen ist das Soziale, und als bevorzugtes Angriffsziel dienen die Reformen dieser und der vorangegangenen Bundesregierung. Die Bezugsdauer des Arbeitslosengelds wurde für ältere Arbeitnehmer bereits erhöht. Dass die Arbeitslosenversicherung aber gerade keine Ansparversicherung ist und außerdem Fehlanreize im Hinblick auf Frühverrentungsprogramme geschaffen werden - egal! Das Arbeitslosengeld II muss nach Ansicht der Gutmenschen wesentlich höher bemessen werden. Dass wir dann wieder wie früher die Arbeitsaufnahme bestrafen und das Nichtstun belohnen - egal! Mindestlöhne seien erforderlich, da niemand von drei Euro die Stunde leben könne. Dass in Deutschland wegen einer Mindesteinkommenssicherung niemand davon leben muss und Mindestlöhne die Arbeitsplatzchancen gerade der Problemgruppen auf dem Arbeitsmarkt aufs Spiel setzen - egal! Und so geht es weiter: egal, egal, egal! Das Motto "Verteilungsgerechtigkeit" eignet sich für Attacken der Gutmenschen auf die Marktwirtschaft. Offenbar steht Deutschland am Rand der Armutsschwelle. "Belegt" wird das mit dem statistischen Messkonzept einer relativen Armut, nach dem jemand als arm bezeichnet wird, wenn ihm weniger als zwei Drittel des Durchschnittseinkommens zur Verfügung stehen. Keinen Armutsfunktionär interessiert, dass der Anteil der so definierten Armen selbst dann gleich bleibt, wenn sich alle Einkommen verdoppeln. Solche lästigen Einlassungen stören nur bei der Umsetzung der Umverteilungsideologie. Ein besonders lohnendes Betätigungsfeld finden die Gutmenschen beim Umweltschutz. Hier winken die höchsten Weihen in Form des Friedensnobelpreises. Unerheblich, dass der letztjährige Träger in seiner Zeit als Vizepräsident der Vereinigten Staaten nicht durch außerordentliches Engagement für die Umwelt aufgefallen war, als es dort beispielsweise um die Ratifizierung des Kioto-Protokolls ging. Die Zeiten haben sich ohnehin geändert. Vor rund dreißig Jahren stand uns angeblich die Eiszeit bevor, jetzt ist es die globale Erwärmung. Vorsichtige Fragen setzen sofort eine Entrüstungsrhetorik in Gang. "Klimaleugner" gilt noch als harmlose Version einer Abstrafung. Mit Eisbär Knut als "Botschafter für den Klimaschutz" werden ehrgeizige, wenngleich ökonomisch riskante Ziele für die CO2-Reduktion proklamiert und durchgeführt. Deutschland nimmt eine Vorbildfunktion wahr. Dann haben die Gutmenschen das gute Gewissen und andere Länder die Arbeitsplätze, denn durchgreifende Sanktionen bei Verfehlungen der CO2-Reduktionsziele soll es wohl nicht geben. Umweltpolitische Fragwürdigkeiten sind mittlerweile Legion. Kernkraftwerke: nein, Kohlekraftwerke: nein, Bio-Energie: ja. Worauf dann erneut Regenwälder abgeholzt werden. Aktuell läuft die Feinstaub-Nummer, verschiedene Städte rüsten bereits mit Verbotszonen, Plaketten etc. auf. Von einer wissenschaftlich fundierten Kosten-Nutzen-Analyse ist weit und breit nichts zu lesen. Am Pranger stehen erst recht die Raucher. Die Hetzjagden erinnern fatal an die Zeiten der Prohibition in den Vereinigten Staaten in den 1920er Jahren. Sie hat der Mafia dort immensen Auftrieb gegeben, ein ganzes Filmgenre lebt davon. Aber die Gutmenschen sollten wachsam sein. Die Prohibition wurde nach rund zehn Jahren vor allem aus fiskalischen Gründen abgeschafft.