"Europa muss seine wirtschaftliche Integration vorantreiben" – Wolfgang Schäuble spricht am ZEW

Veranstaltungsreihen

Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble MdB sprach am 8. April 2013 am ZEW über die institutionellen Rahmenbedingungen als Schlüssel zum Aufbau einer starken Europäischen Union. ZEW-Präsident Prof. Dr. Clemens Fuest konnte rund 400 Gäste zu der Vortragsveranstaltung begrüßen.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sprach im Rahmen der Mannheimer Wirtschafts- und Währungsgespräche, einer Vortragsreihe, die regelmäßig wirtschaftlich relevante Themen aufgreift. Sie wird von der Bankenvereinigung Rhein-Neckar Mannheim unterstützt.

Deutschland sei in der europäischen Schuldenkrise ein wichtiger Stabilitätsanker und eine Wachstumslokomotive für die anderen europäischen Länder, sagte Schäuble zum Auftakt seines Vortrags. Die Stabilität der deutschen Wirtschaft resultiere zum wesentlichen Teil aus funktionierenden institutionellen Strukturen. So könne sich die Wirtschaft in Deutschland beispielsweise auf eine solide und vertrauenswürdige Verwaltung verlassen, ohne Korruption und Vetternwirtschaft. Auch die vorbildliche Tarifpartnerschaft zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften trage zur guten Konjunktur bei. Darüber hinaus habe Deutschland im Gegensatz zu vielen anderen Ländern seine industrielle Basis erhalten und nicht vollständig auf den Dienstleistungssektor gesetzt. Dies alles sei auch für den sozialen Zusammenhalt enorm wichtig. Dieser zeige sich unter anderem darin, dass bis heute keine populistische Partei in Deutschland nachhaltige Wahlerfolge verbuchen könne, sagte Schäuble. Auch im Ausland verspotte längst niemand mehr den rheinischen Kapitalismus, der sich durch seine soziale Marktwirtschaft und seine sozialen Sicherungssysteme auszeichne.

Ein wettbewerbsfähiges Europa

Dennoch, so betonte der Bundesfinanzminister, wolle er kein deutsches Europa. Sein Ziel sei vielmehr ein wettbewerbsfähiges Europa. Europa stehe aufgrund der Globalisierung unter zunehmendem Wettbewerbs- und Rationalisierungsdruck. Dieser stelle für Europa eine große Herausforderung dar, etwa was die Bekämpfung der massiven Jugendarbeitslosigkeit in vielen Ländern angehe. Darüber hinaus mache die demografische Entwicklung deutlich, dass die Staaten in Europa nur zusammen die Zukunft gestalten könnten, wenn sie wirtschaftlich und politisch nicht marginalisiert werden wollten, erklärte Schäuble. Damit die wirtschaftliche Integration Europas ein Erfolg werde, sei es notwendig, dass die einzelnen Volkswirtschaften Entscheidungen akzeptierten, die von den europäischen Institutionen und nicht von den Nationalstaaten getroffen würden. Zuerst müssten die wirtschaftspolitischen Entscheidungen in Europa vergemeinschaftet werden, danach könne auch die Haftung für die Schulden der einzelnen Länder von der Gemeinschaft übernommen werden, sagte der Bundesfinanzminister. Europa nähere sich diesem Ziel in mühevollen Verhandlungsprozessen. Jedoch seien im Rahmen der Schuldenkrise bereits wichtige Schritte gemacht worden. So sei zum Beispiel der europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt durch das sogenannte  "Sixpack" und im Nachgang durch das sogenannte "Twopack" reformiert worden, was die Mitglieder der Eurozone zu stärkerer fiskalpolitischer Disziplin anhalte und den europäischen Institutionen größeren Handlungsspielraum gegenüber massiv verschuldeten Staaten gebe.

Trotzdem habe Europa noch einen weiten Weg vor sich. So seien beispielsweise dringend Reformen im Bereich der Abstimmungsmodi notwendig. Das Prinzip der Einstimmigkeit müsse überdacht und Veränderungen der bestehenden europäischen Vertragswerke müssten vereinfacht werden. Wenn er auf die vergangenen Jahre zurückblicke, so Schäuble, sei er jedoch sehr zuversichtlich. Europa habe in der Schuldenkrise bereits viel erreicht. Krisenländer wie Irland, Spanien und Griechenland hätten wichtige Reformen angepackt und seinen langsam auf dem Weg wieder wettbewerbsfähig zu werden. Auch Zypern werde dies gelingen, zeigte sich Schäuble überzeugt. Europa habe keinen Grund zum Resignieren. Es gelte jedoch, die Menschen in Europa immer wieder von neuem von einem vereinigten Europa zu überzeugen.