Die Lage am deutschen Immobilienmarkt - "Insgesamt bisher keine Blasenbildung am deutschen Immobilienmarkt"

Nachgefragt

Im Forschungsbereich Internationale Finanzmärkte und Finanzmanagement werden am ZEW Fragestellungen zu den internationalen Immobilienmärkten untersucht. Ausgewiesene Themen sind zum Beispiel die dynamischen Wechselwirkungen zwischen Immobilien- und Kapitalmärkten oder die Analyse von Immobilienanlageformen als Anlageklasse. Prof. Dr. Felix Schindler erläutert aktuelle Entwicklungen am deutschen Immobilienmarkt.

Prof. Dr. Felix Schindler promovierte 2008 an der Universität Freiburg mit einer Dissertation zum Thema "Immobilienaktienmärkte - Eine globale Analyse ihres Kapitalmarktverhaltens". Seit dem Jahr 2009 untersucht er am ZEW vielfältige Fragestellungen zu den internationalen Immobilienmärkten. Sein Schwerpunkt liegt dabei auf den Bereichen Immobilien als Kapitalanlage und Immobilienfinanzierung. Im Jahr 2010 wurde Schindler darüber hinaus zum Juniorprofessor für Immobilien an der Steinbeis Hochschule Berlin ernannt

Warum sind derzeit vor allem deutsche Immobilien bei den Anlegern sehr beliebt?

Gerade bei privaten Investoren und Kleinanlegern in Deutschland ist in letzter Zeit eine große Nachfrage nach Immobilien, insbesondere nach Wohnimmobilien, zu erkennen. Dies liegt einerseits in der anhaltenden Verunsicherung der Anleger an den Aktien- und Anleihenmärkten, ausgelöst durch die Turbulenzen in den letzten Jahren. Darüber hinaus befördern aufkeimende Inflationsängste gerade bei den Privatanlegern den Run aufs Betongold. Zuträglich sind auch die hohen zur Verfügung stehenden Anlagevolumina. Andererseits befinden sich die Finanzierungskosten auf einem historisch niedrigen Niveau und somit spielen auch Haushalte, deren Einkommen in Zeiten höherer Finanzierungskosten den Erwerb einer Immobilie nicht zulassen würde, mit dem Gedanken, eine Immobilie zu erwerben.

Sehen Sie angesichts der steigenden Nachfrage das Risiko einer Preisblase am deutschen Wohnimmobilienmarkt?

Eine Preisblase ist auf Bundesebene derzeit nicht festzustellen. Insgesamt erfuhr der deutsche Immobilienmarkt über die letzten 15 Jahre in der Fläche einen bestenfalls moderaten nominalen Preisanstieg, real sind sogar Preisrückgänge zu verzeichnen. Langfristig sind gerade bei Wohnimmobilien vor allem die demographischen Entwicklungen zu berücksichtigen. Zwar steigen momentan die Haushaltszahlen trotz rückläufiger Bevölkerungszahlen noch, allerdings dürfte sich hier langfristig eine Trendumkehr abzeichnen. Diese wird sich dann auf die Immobilienmärkte auswirken. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass die Entwicklungen bundesweit keinesfalls einheitlich sind und starke regionale Unterschiede bestehen. Zu den eher teuren Standorten mit teils sehr hohen Preisanstiegen in den letzten Jahren zählen insbesondere süddeutsche Ballungsräume sowie der Großraum Hamburg.

Wie entwickelt sich der deutsche Markt für Gewerbe- und Büroimmobilien?

Nach einem starken Einbruch des Transaktionsvolumens in Folge der Lehman-Pleite im Jahr 2008, erfolgte eine rasche Erholung und insbesondere auch internationale Investoren suchen nach attraktiven Anlageobjekten an den großen deutschen Bürostandorten. Allerdings ist im Vergleich zu der Zeit vor der Finanzkrise ein höheres Risikobewusstsein der Investoren zu erkennen und die Nachfrage konzentriert sich auf Top-Objekte in Spitzenlagen. Einer der Gründe für die hohe Nachfrage liegt in der Tatsache, dass der deutsche Immobilienmarkt zu Zeiten der starken Preisanstiege in vielen anderen Ländern keine großen Preissteigerungen erfahren und sich in der Krise als vergleichsweise stabil erwiesen hat. Es ist ferner festzustellen, dass viele Investoren ausreichend Liquidität zur Verfügung haben aber sich auf Grund der unsicheren Lage an den internationalen Kapitalmärkten bei größeren Engagements in Aktien und Anleihen zurückhalten und alternative Anlagemöglichkeiten suchen.