Algo-Trading birgt Risiken für die Stabilität der Finanzmärkte

Forschung

Der von Computern auf Grundlage von genau definierten Vorschriften veranlasste Handel mit Wertpapieren, das so genannte Algo-Trading, ist an den Börsen auf dem Vormarsch. Das birgt erhebliche Risiken für die Finanzmärkte. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Befragung von 193 Finanzmarktexperten durch das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim.

Etwas mehr als zwei Drittel der befragten Experten befürchten, dass der computergesteuerte Handel die Finanzmarktstabilität negativ oder sogar sehr negativ beeinflussen könnte. Sie halten daher eine entsprechende Regulierung für erforderlich. Doch während über eine strengere Regulierung von Derivaten und die Ausgestaltung von Bonussystemen zur Verbesserung der Stabilität der Finanzmärkte heiß diskutiert wird, spielt das Algo- Trading in der öffentlichen Diskussion bisher kaum eine Rolle. Dies verwundert angesichts der Bedeutung dieser Handelsart. So entfielen im Jahr 2007 bereits 50 Prozent der Umsätze an der Deutschen Börse auf das Algo-Trading.

Als Algo-Trading werden Handelsaufträge an den Börsen bezeichnet, die computergesteuert auf Grundlage von genau definierten Handlungsvorschriften (Algorithmen) ausgelöst werden. Diese Anweisungen basieren in der Regel auf quantitativen Modellen, die sowohl historische als auch aktuelle Marktdaten berücksichtigen. Bei den für das Algo-Trading genutzten, in sich geschlossenen Systemen ist ein Eingriff durch einen Händler normalerweise nicht vorgesehen. Der Vorteil der automatischen Handelssysteme ist ja gerade ihr Reaktion auf neu eintreffende Informationen im Bruchteil von Sekunden und deren Umsetzung in Handelsentscheidungen.

Problematisch ist allerdings ein anderer Aspekt der Algo- Trading-Programme. Wenn viele von ihnen auf ähnlichen Regeln basieren, dann könnte bei einer bestimmten Marktkonstellation ein gefährlicher Dominoeffekt auftreten. So könnte beispielsweise innerhalb kürzester Zeit eine Flut von Verkaufsaufträgen entstehen und so einem Markteinbruch Vorschub leisten oder diesen dramatisch verstärken. "Das würde die Stabilität der Finanzmärkte ernstlich gefährden. Algo- Trading sollte daher einer besonderen Kontrolle unterworfen werden", sagt Michael Grünewald, Wissenschaftler am ZEW.

Mit dieser Ansicht steht Grünewald nicht allein. Vielmehr halten auch 66 Prozent der vom ZEW befragten Finanzexperten eine Regulierung dieser Art des Wertpapierhandels für erforderlich. Die bestehenden Regelungen zur Handelsaussetzung jedenfalls reichen nach Ansicht von 69 Prozent der Experten nicht aus, um in Krisensituationen mit Aussicht auf Erfolg eingreifen zu können. Indessen dürfte eine effektive Regulierung des Algo-Tradings schwierig sein. 47 Prozent der Experten halten sie für machbar, 53 Prozent meinen dies nicht. Und selbst wenn eine Regulierung griffe, ist eine offene Frage, ob dies nicht die Entstehung außerbörslicher Handelsplätze, so genannter "dark pools", fördern würde. Diese wären dann jeglicher Kontrolle entzogen. Außerdem sehen in diesem Fall 69 Prozent der befragten Experten die Gefahr, dass aus den "dark pools" gewonnene Informationen für den Handel auf regulierten Märkten, benutzt werden könnten. Damit würden Handelsteilnehmer außerhalb der "dark pools" informationell erheblich benachteiligt, da sie von solchen "Insider"-Informationen ausgeschlossen wären.

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Michael Grünewald, E-Mail: gruenewald@zew.de