MIFE-Konferenz 2023: Die Zukunft der Finanzbildung

Konferenzen

Prof. Dr. Carmela Aprea und Prof. Dr. Tabea Bucher-Koenen bei der Eröffnung der MIFE-Konferenz 2023.

Die diesjährige MIFE-Konferenz fand am 20. November in Mannheim statt und widmete sich dem Thema „Die Zukunft der Finanzbildung“. Begleitet wurde sie von einem zweitägigen Workshop, bei dem Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler ihre Arbeiten präsentierten und sich über ihre Ergebnisse austauschten. Mehr als 100 Konferenzteilnehmerinnen und -teilnehmer diskutierten aktuelle wissenschaftliche Beiträge zur finanziellen Bildung und insbesondere zur deutschen Finanzbildungsstrategie.

Den Auftakt machte Annamaria Lusardi (Stanford University), eine der führenden Expertinnen für Finanzbildung. In ihrer Keynote präsentierte sie die zentralen Erkenntnisse zum seit sieben Jahren erhobenen GFLEC Personal Finance Index und stellte eine Verbindung zwischen Finanzbildung und finanziellem Entscheidungsverhalten her. Die Daten lassen erkennen, dass ein beträchtlicher Teil der US-Bevölkerung über geringes Finanzwissen verfügt, insbesondere in Bezug auf Investitionen, Versicherungen und Risiken. Anhand von Forschungsergebnissen zeigte Lusardi, dass gezielte Interventionen eine entscheidende Rolle spielen können, um die Wissenslücken in der breiten Bevölkerung zu schließen. Das Problem von niedriger finanzieller Bildung sei kein auf die USA beschränktes Phänomen. Weltweit hätten Länder aktive Maßnahmen ergriffen, um nationale Finanzbildungsstrategien zu etablieren, wie etwa die „Initiative finanzielle Bildung“ des Bundesministeriums der Finanzen und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Lusardi betonte die Bedeutung eines datengestützten Ansatzes, der Forschung, Strategieentwicklung und gezielte Programme zur Förderung von finanzieller Bildung kombiniert, um so Finanzbildung auf individueller und gesellschaftlicher Ebene zu verbessern.

In der zweiten Keynote sprach Bernadene De Clercq (University of South Africa) über finanzielle Bildungsmaßnahmen im Bereich der Altersvorsorge. Sie betonte die Bedeutung eines klaren Evaluationsdesigns bei der Untersuchung der Wirkung solcher Maßnahmen. Da sich Finanzbildungsmaßnahmen in vielen Dimensionen wie Kontext, Zielgruppe und Kosten unterscheiden, sei es oft schwierig, verschiedene Maßnahmen hinsichtlich ihres Erfolgs zu vergleichen. Forscherinnen und Forscher sollten daher diese Faktoren sorgfältig dokumentieren, wenn sie solche Maßnahmen entwerfen und evaluieren.

Tom Lucey (Illinois State University), der die dritte Keynote hielt, schlug eine ganzheitliche Perspektive auf finanzielle Bildung vor. Er kritisierte das konventionelle Verständnis von Finanzbildung, das häufig Empathie, soziale Gerechtigkeit und ethische Aspekte vernachlässige, da es oftmals einer Ideologie folge, die den wirtschaftlich Bessergestellten zugutekomme.

In der letzten Keynote der Konferenz betonte Jens Brandenburg (Bundesministerium für Bildung und Forschung) die drängenden wirtschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit. In diesem Zusammenhang betonte er, dass die finanzielle Bildung ein Eckpfeiler der individuellen wirtschaftlichen Situation ist. Brandenburg unterstrich die Bedeutung von Finanzkompetenz in verschiedenen Lebensphasen, wie z. B. den Umgang mit Mobilfunkverträgen für Jugendliche, das Verständnis der Beschäftigungsdynamik für Erwachsene und das adäquate Entsparen für Ältere. Er verwies zudem auf die gemeinsame Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und des Bundesministeriums der Finanzen zur Stärkung der finanziellen Allgemeinbildung in Deutschland. Diese zielt darauf ab, Mittel für Forschungsprojekte bereitzustellen, die Datengrundlagen zu verbessern und eine solide empirische Basis zu schaffen. Er betonte die Bedeutung von Forschungsinstituten wie dem MIFE für die Bereitstellung einer solchen Forschungsbasis.

Anschließend an die Keynote präsentierten die MIFE-Wissenschaftlerinnen Caroline Knebel (ZEW Mannheim) und Merve Suna (Universität Mannheim) das Projekt „FinBilD: Finanzielle Bildung in Deutschland: Bestandsaufnahme und Perspektiven“. Ziel des Projektes ist es, einen Ausgangspunkt und mögliche Richtungen für die Entwicklung einer nationalen Finanzbildungsstrategie für Deutschland sowie für weiterführende Forschungsarbeiten in diesem Bereich aufzuzeigen. Suna und Knebel gaben einen Überblick über bestehende Finanzkompetenzrahmen, zogen Bilanz über existierende Finanzbildungsprogramme und Datenbanken und stellten erste Erkenntnisse auf Basis aktueller Datenquellen vor. Der endgültige Projektbericht wird Anfang 2024 auf der Homepage des MIFE veröffentlicht.

Podiumsdiskussion über die Zukunft der Finanzbildung.

Unter der Moderation der beiden MIFE-Direktorinnen Carmela Aprea und Tabea Bucher-Koenen diskutierten Fabian von Aichberger (Invest it!), Andreas Kaun (Deutsche Bundesbank), Annamaria Lusardi (Stanford University) und Simon Skipka (Bundesministerium der Finanzen) über die Zukunft der finanziellen Bildung in Deutschland. Die Podiumsdebatte umfasste Themen wie Qualitätsstandards für Finanzbildungsprogramme, die Identifizierung von Strategien, um diese zu erreichen, die Einbindung von Stakeholdern und die Vorteile der Entwicklung einer nationalen Strategie.

Von links nach rechts: Prof. Dr. Tabea Bucher-Koenen, Francisco Pitthan, Dr. Patricia Staab, Marius Cziriak, Prof. Dr. Carmela Aprea.

Abschließend gab Patricia Staab (Deutsche Bundesbank) die Gewinner des diesjährigen Bundesbank-Nachwuchsforschungspreises für Financial Literacy bekannt. Francisco Pitthan wurde für seine Arbeit „How learning about behavioural biases can improve financial literacy? Experimental evidence on the effects of learning about the myopic bias“ ausgezeichnet, die er gemeinsam mit Kristof De Witte verfasst hat. Marius Cziriak erhielt den Preis für sein Paper „Beyond knowledge: Confidence and the gender gap in financial literacy“, das er zusammen mit Tabea Bucher-Koenen und Rob Alessie schrieb.

An die Konferenz schloss sich der MIFE Early Career Workshop an. Annamaria Lusardi hielt einen Vortrag über den aktuellen Stand der Forschung zur finanziellen Bildung. Zwölf Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler präsentierten ihre Forschungsarbeiten zu dem Thema und tauschten sich über ihre Ergebnisse aus.