ZEW-Energiemarktbarometer - Klimawandel verursacht in Europa häufigere Kraftwerksausfälle

Forschung

Im Zuge des Klimawandels ist in Zukunft mit zunehmenden Kraftwerksausfällen in Europa zu rechnen. Aufgrund der globalen Erwärmung, die auch hierzulande für Hitze- und Trockenperioden in den Sommermonaten sorgt, werden insbesondere Atommeiler häufiger ihre Stromerzeugung drosseln müssen. Ob die Produktionsausfälle eine Gefahr für die Versorgungssicherheit darstellen, ist bisher nicht eindeutig zu beantworten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage unter rund 200 Energiemarktexperten aus Wissenschaft und Praxis, die das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) im Rahmen des ZEW-Energiemarktbarometers halbjährlich durchführt.

30 Prozent der befragten Experten gehen davon aus, dass es in Europa aufgrund des Klimawandels in den nächsten 30 bis 40 Jahren viel häufiger als heute zu vorübergehenden Ausfällen bei der Produktion von Atomstrom kommen wird. Dies liegt insbesondere daran, dass Kühlwasser, das zur nuklearen Energiegewinnung zwingend notwendig ist, üblicherweise aus Flüssen gespeist wird. Heizen sich die Flüsse wie beispielsweise im Jahr 2003 in Folge anhaltender Hitze zu stark auf, so fallen sie als Kühlwasserreservoir aus. 44 Prozent der Umfrageteilnehmer erwarten, dass die hitzebedingten Leistungsrückgänge von Kernkraftwerken in den kommenden Jahren etwas häufiger als heute auftreten werden. Dass die globale Erwärmung keine negativen Auswirkungen auf die nukleare Energieproduktion in Europa haben wird, prognostizieren dagegen 26 Prozent.

Nicht einig sind sich die Experten allerdings, wie sich die zunehmenden Ausfälle in Atomkraftwerken auf die Versorgungssicherheit für die Stromkunden auswirken. 51 Prozent der Umfrageteilnehmer gehen davon aus, dass die häufigeren Leistungsausfälle in Kernkraftwerken die Energieversorgung stärker als bisher gefährden. Demgegenüber sind 49 Prozent der Umfrageteilnehmer überzeugt, dass zunehmende Kernkraftwerksausfälle nicht zur Stromknappheit führen werden. Die unterschiedliche Einschätzung der Experten geht wahrscheinlich auf Unsicherheiten in der Entwicklung des Energiesektors zurück. Hierbei spielen der Zeitpunkt des Ausstiegs aus der Atomenergie, der Bau moderner Kraftwerke, der Ausbau regenerativer Energien sowie das Potential zukünftiger Energieeinsparungen eine Rolle.

Auch andere Energiequellen hängen vom klimabedingten Wasserstand in den Flüssen ab. Auch in Kohlekraftwerken wird Flusswasser zur Kühlung eingesetzt und in Wasserkraftwerken treibt es direkt die Turbinen zur Stromerzeugung an. Vor diesem Hintergrund rechnet die Mehrheit der befragten Experten auch für Kohle- und Wasserkraft mit vermehrten Kraftwerksausfällen, jedoch wird der Einfluss des Klimawandels etwas geringer eingeschätzt als für die Nuklearenergie: 57 Prozent, beziehungsweise 61 Prozent der Umfrageteilnehmer zeigen sich davon überzeugt, dass es in Europa häufiger als heute zu Ausfällen von Wasser-, beziehungsweise Kohlekraftwerken kommen wird. Mit 69 Prozent, beziehungsweise 64 Prozent ist die Mehrheit der Energiemarktexperten allerdings überzeugt, dass die Versorgungssicherheit der Stromkunden nicht stärker als bisher durch klimatisch bedingte Produktionsausfälle in Wasser-, beziehungsweise Kohlekraftwerken gefährdet ist.

Die Energieversorgung hängt in vielen europäischen Ländern stark von einem einzigen Energieträger ab. Frankreich beispielsweise setzt insbesondere auf Atomstrom, Österreich bezieht einen Großteil seines Stroms aus Wasserkraft und Deutschland nutzt weiterhin viel Kohlestrom. Außerdem verläuft die Integration der nationalen Strommärkte nur schleppend. Vor diesem Hintergrund zeigen die Ergebnisse des ZEW-Energiemarktbarometers, dass die Strommärkte in Europa durch den Klimawandel unter verschärften Anpassungsdruck geraten könnten. Rund 80 Prozent der befragten Experten halten den weiteren Ausbau erneuerbarer Energien für eine geeignete Maßnahme, um diesem zu begegnen.

Das ZEW-Energiemarktbarometer

ist eine halbjährliche Befragung von rund 200 Experten aus Wissenschaft und Praxis (Energieversorgungs-, -handels und -dienstleistungsunternehmen). Sie werden zu ihren Erwartungen hinsichtlich der kurz- und mittelfristigen Entwicklungen auf den nationalen und internationalen Energiemärkten befragt.

Ansprechpartner

Nikolas Wölfing, Telefon: 0621/1235-217, E-Mail: woelfing@zew.de

Prof. Dr. Andreas Löschel, Telefon: 0621/1235-200, E-Mail: loeschel@zew.de

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