ZEW-Konferenz zur Reform der Preismessung: Transparentere Statistik erhöht Treffsicherheit der Wirtschaftspolitik

Forschung

Ist das Wirtschaftswachstum der USA gar nicht so viel größer als das in Deutschland oder in der EU? Liegt die deutsche Inflationsrate möglicherweise niedriger als von der Statistik ausgewiesen?

Wie lässt sich in der statistischen Preismessung die Tatsache berücksichtigen, dass ein neues Auto oder ein neuer PC zwar erhebliche Qualitätsverbesserungen enthalten können, der Verkaufspreis im Vergleich zum Vorgängermodell aber kaum gestiegen ist oder sogar niedriger liegt? Fragen wie diese diskutierten 110 renommierte Wissenschaftler mit Vertretern statistischer Ämter aus 24 Ländern auf einer internationalen Konferenz des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) und des Statistischen Bundesamts zwei Tage lang in Mannheim.

Die auf der Konferenz vorgestellten Ergebnisse zeigen, dass Qualitätsveränderungen einen erheblichen Einfluss auf die Preisentwicklung haben. Von diesem Effekt sind eine Vielzahl von Gütern betroffen. Allerdings kann die Verbesserung der Qualitätsbereinigung sowohl zu niedrigeren als auch zu höheren Preisen führen. Beispielsweise überschätzen im IT-Bereich traditionelle Verfahren die Preissteigerung, während sie bei Kleidung die Preissteigerung eher unterschätzen.

Im Gegensatz zu den USA werden in den meisten europäischen Ländern, so auch in Deutschland, Veränderungen der Qualität von bestimmten Gütern und Dienstleistungen teilweise nur unzureichend statistisch abgebildet. Dies kann die Aussagekraft von Preis- und Mengenindizes der amtlichen Statistik beeinträchtigen. In der Diskussion um die aktuellen Tarifauseinandersetzungen wird der Inflationsentwicklung ein großes Gewicht beigemessen. Hier können ungenaue statistische Basiszahlen zu falschen Schlüssen führen. Der Berücksichtigung der Qualitätsveränderungen kommt daher in der Preisstatistik eine hohe Bedeutung zu. Einhellig waren die Konferenzteilnehmer der Meinung, dass die Ansätze zur Einführung hedonischer Techniken in die amtliche Statistik intensiviert werden sollte. So könne in Zukunft mehr Transparenz und eine noch realitätsnähere Darstellung der wirtschaftlichen Situation in Deutschland erreicht werden.

Dass die Einführung neuer Methoden und statistischer Werkzeuge mit erheblichem finanziellen, personellen und qualifikatorischen Aufwand verbunden sei, betonten der amerikanische Wirtschaftsforscher Jack Triplett von der Brookings Institution und Wolfgang Buchwald vom Statistischen Bundesamt. Buchwald führte weiter aus, dass die Erwartungen an die Einführung hedonischer Preisindizes oft überzogen seien. Simulationsrechnungen des Statistischen Bundesamts ließen für Deutschland durch die Einführung hedonischer Methoden nur geringe Unterschiede zu den mit herkömmlichen Preisindizes berechneten Inflations- und Wachstumsraten erwarten. Triplett betonte denn auch, dass der Wert einer genaueren und transparenteren Statistik vor allem darin liege, dass der Beitrag des technologischen Fortschritts zu Wachstum und Produktivität einer Volkswirtschaft besser quantifiziert werden könne. Der langfristige Gewinn wäre somit eine größere Zielgenauigkeit von unternehmerischen und wirtschaftspolitischen Maßnahmen.

Im Zusammenhang mit der Entwicklung hedonischer Statistiken in den nächsten zehn Jahren hielten Paul Schreyer von der OECD und John Astin von Eurostat es für gut, wenn die statistischen Ämter in den EU-Staaten vor dem Hintergrund der angestrebten immer stärkeren Harmonisierung kooperierten. Dies wäre insbesondere hinsichtlich einer besseren internationalen Vergleichbarkeit wünschenswert. Außerdem könnten Länder mit ähnlicher Statistik durch stärkere Zusammenarbeit die Einführung hedonischer Techniken effizienter und Kosten sparender gestalten. Ein Anfang solle mit Produktindizes gemacht werden, allerdings komme auch der Entwicklung entsprechender Indizes für den Dienstleistungssektor große Bedeutung zu.

Ansprechpartner

Dietmar Moch, E-Mail: moch@zew.de