Spitzenbelastung in Deutschland im EU-Vergleich

Forschung

Deutschland belastet die Gewinne seiner Kapitalgesellschaften so stark wie sonst nur Spanien in der Europäischen Union. Der steuerliche Standortnachteil Deutschlands hat sich im vergangenen Jahr vergrößert: Während hierzulande über Steuersenkungen bislang nur diskutiert wird, haben eine Reihe anderer EU-Staaten wie Österreich, Dänemark oder die Niederlande gehandelt.

Dies zeigt eine vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Mannheim vorgenommene Berechnung der effektiven Steuerbelastung von Unternehmen in der Europäischen Union für das Jahr 2005.

Deutschland belastet demnach Unternehmensgewinne effektiv mit 36 Prozent. Der Durchschnittswert der anderen EU-Staaten beträgt 23,7 Prozent. Selbst wenn man die Niedrigsteuerstandorte der neuen Mitgliedstaaten außer Acht lässt, wird der Handlungsbedarf deutlich: Standorte wie Österreich oder Skandinavien unterbieten Deutschland bei der Belastung von Unternehmen inzwischen um mehr als zehn Prozentpunkte (siehe Abbildung). Ergebnisse einer vom ZEW für BAK Basel Economics durchgeführten Analyse bestätigen die ungünstige Positionierung Deutschlands auch im Vergleich zu weiteren Standorten außerhalb der EU inklusive der Schweiz. Dadurch werden starke steuerliche Anreize zur Verlagerung von Unternehmen oder Gewinnen gesetzt. Verlierer der deutschen Passivität ist somit der deutsche Standort und vor allem der deutsche Fiskus: Bei derartigen Belastungsunterscheiden werden multinationale Unternehmen alle legalen Möglichkeiten nutzen, Gewinne jenseits der deutschen Grenzen zu versteuern. "Der Befund zeigt, dass Deutschland bei der beabsichtigten Reform der Unternehmensbesteuerung keine Zeit zu verlieren hat", kommentiert Friedrich Heinemann, Leiter des ZEW-Forschungsbereichs "Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft".

Die vom ZEW berechneten effektiven Steuersätze sind umfassende Maßzahlen (siehe: "Zur Methode: Effektive Durchschnittsteuerbelastung"). Die Berechnungen beziehen alle belastungsrelevanten Ertrags- und Substanzsteuern des jeweiligen Landes ein. Betrachtet wird dabei eine rentable Modellinvestition eines Unternehmens. Eingang in die Untersuchung finden neben den jeweiligen Steuertarifen auch die wichtigsten Vorschriften zur Bestimmung der Bemessungsgrundlagen wie beispielsweise Abschreibungsvorschriften.

Zur Methode: Effektive Durchschnittsteuerbelastung (EATR)

Die effektive Durchschnittsteuerbelastung (Effective Ave-rage Tax Rate, EATR) gibt die prozentuale Kürzung der Rendite eines modellhaften Investitionsprojekts durch die Steuerzahlungen an. Die Berechnung basiert auf dem Ansatz von Devereux/Griffith und berücksichtigt neben sämtlichen Steuertarifen auch die Bemessungsgrundlagen wie beispielsweise unterschiedliche Abschreibungsvorschriften. Die unterstellte Modellinvestition besteht zu gleichen Teilen aus Maschinen, Industriegebäuden, Patenten, Finanzanlagen und Vorräten. Die Modellinvestition wird von einem Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft vorgenommen und erwirtschaftet annahmegemäß eine Vorsteuerrendite von 20 Prozent. Als Finanzierungswege werden gleich gewichtet thesaurierte Gewinne, die Ausgabe neuer Anteile sowie Fremdkapital berücksichtigt.

Differenzierte regionale Steuerbelastungsvergleiche inklusive der Schweizer Kantone hat das ZEW im Rahmen des IBC Taxation Index im Auftrag von BAK Basel Economics erstellt. Den Zugang zu dieser Studie finden Sie hier.

Ansprechpartner

PD Dr. Friedrich Heinemann, Telefon: 0621/1235-149, E-Mail: heinemann@zew.de

Prof. Dr. Michael Overesch, E-Mail: overesch@zew.de