„Öffentliche Aufträge: Chance für junge Unternehmen?“

Kommentar

ZEW-Ökonom Bastian Krieger zum Potenzial der öffentlichen Beschaffung für junge Unternehmen

Das öffentliche Beschaffungswesen ist eine tragende Säule der deutschen Wirtschaft. Mit rund 500 Milliarden Euro jährlich macht es etwa 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus – und bietet jungen Unternehmen enormes Potenzial: als stabiler Nachfragemarkt und als Türöffner zu neuen Kundengruppen. Angesichts der geplanten Zukunftsinvestitionen der Bundesregierung gewinnt dieses Potenzial weiter an Bedeutung: Vorgesehen ist ein 500 Milliarden Euro schweres Sondervermögen außerhalb der Schuldenbremse – mit Fokus auf Infrastruktur und Klimaschutz. Öffentliche Aufträge werden so zu einem noch wichtigeren Hebel für wirtschaftliche Transformation. Dr. Bastian Krieger, Leiter der Nachwuchsforschungsgruppe Co-Creation am ZEW Mannheim, hat gemeinsam mit Lena Füner und Malte Prüfer in einer aktuellen Studie untersucht, unter welchen Bedingungen sich junge Unternehmen bei öffentlichen Ausschreibungen beteiligen und erfolgreich sind.

Unsere Analyse zeigt: Ausschreibungen wirken wie Filter – und welche jungen Unternehmen hindurchkommen, hängt stark von ihren Eigenschaften ab. Wer mehr Beschäftigte hat, bewirbt sich häufiger und gewinnt eher – unabhängig vom Ausschreibungstyp. Preisorientierte Verfahren bevorzugen Anbieter mit Größe, Erfahrung und verlässlichen Abläufen. Bei Ausschreibungen mit zusätzlichen Qualitäts- oder Innovationskriterien zählt hingegen das Profil: Nachweislich innovative Firmen – etwa mit neuartigen Produkten für den Markt oder promovierten Gründerinnen und Gründern – haben hier die besseren Chancen.

Bemerkenswert ist, dass nicht nur Unternehmens-, sondern auch Gründermerkmale, wie Ausbildung, Verwaltungserfahrung und Teamkomposition, die Teilnahme- und Erfolgswahrscheinlichkeit der jungen Unternehmen deutlich beeinflussen – und je nach Ausschreibungstyp unterschiedlich wirken.

Für Wirtschaft und Politik bedeutet das: Öffentliche Vergaben gestalten Marktzugänge aktiv mit. Je nachdem, ob ein Verfahren rein auf den Preis setzt oder qualitative Kriterien einbezieht, profitieren unterschiedliche Arten junger Unternehmen.

Wenn wir wollen, dass junge, innovative Firmen stärker zum Zug kommen, müssen wir Vergabeverfahren so gestalten, dass sie gezielt Innovationsfähigkeit belohnen – und zugleich bürokratische Hürden absenken. Besonders bei anspruchsvollen Ausschreibungen braucht es verständliche Kriterien und mehr Spielräume für neue Lösungen.

Ein positives Signal sendet der Koalitionsvertrag von SPD und CDU/CSU: Er kündigt eine umfassende Vereinfachung, Beschleunigung und Digitalisierung des Vergaberechts an, verbunden mit einem strategischen Beschaffungsmanagement und neuen zentralen Plattformen. Die Wertgrenzen für Direktvergaben werden deutlich erhöht – auf 50.000 Euro generell und auf 100.000 Euro für junge, innovative Unternehmen. Zudem soll der Eignungsnachweis künftig „bürokratiearm, digital und mittelstandsfreundlich“ erfolgen. Damit greift die Bundesregierung zentrale Hebel auf. Entscheidend wird sein, ob diesen Versprechen auch Taten folgen.