Globale sektorale Vereinbarungen - Eine erfolgreiche Klimaschutzpolitik der Zukunft muss Entwicklungs- und Schwellenländer einbinden

Forschung

Auf der Weltklimakonferenz im polnischen Poznan wird in diesen Tagen über ein Kioto-Nachfolgeabkommen für die Zeit nach 2012 verhandelt. Für eine erfolgreiche Klimaschutzpolitik reicht ein Alleingang der Industrieländer jedoch nicht aus. Die wichtigsten Entwicklungs- und Schwellenländer müssen künftig ambitionierte Klimaschutzverpflichtungen eingehen. "Um diese Länder für den Klimaschutz zu gewinnen, scheint das Konzept globaler sektoraler Vereinbarungen ein geeignetes Mittel zu sein", erklärt Dr. Andreas Löschel, Leiter des Forschungsbereichs "Umwelt- und Ressourcenökonomik, Umweltmanagement" am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim.

Ansätze dieser Art werden derzeit von einigen energieintensiven Industriesektoren entwickelt und sollen zur Übernahme ehrgeiziger sektorspezifischer Klimaschutzverpflichtungen, d.h. Emissions- und Energieeffizienzmaßnahmen, führen. Dabei einigen sich bestimmte Branchen in den Industrieländern mit den entsprechenden Branchen in den Schwellenländern auf ein bestimmtes Ziel zur CO2-Reduktion. Die Mitgliedstaaten der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen könnten das Zustandekommen solcher Vereinbarungen und deren Einbindung in die bestehende nationale Emissionsregulierung unterstützen. Wie unterschiedlich Positionen in den einzelnen Mitgliedstaaten doch sein können, wird in Poznan deutlich. Zielsetzung, Umfang und Sektorenauswahl: Das sind nur einige Aspekte in der Ausgestaltung von globalen sektoralen Vereinbarungen, über die derzeit weitgehend Uneinigkeit besteht.

Die Europäische Kommission hat sich dabei für die Vereinbarung von so genannten "weichen" Zielen (no-lose mechanism) für bestimmte energieintensiven Sektoren ausgesprochen, deren Nicht-Erfüllung für die Entwicklungsländer sanktionsfrei bleibt. Die Emissionseinsparungen, die über das vereinbarte Ziel hinausgehen, könnten auf dem europäischen CO2-Markt zum Verkauf angeboten werden. Dadurch wäre die Einbindung sektoraler Vereinbarungen in das bestehende Emissionshandelssystem der EU sichergestellt.

Die Beteiligung von Entwicklungs- und Schwellenländern an den sektoralen Vereinbarungen ermöglicht den europäischen Unternehmen, ihre Emissionsreduktionsziele im Inland kosteffizienter umzusetzen sowie ihre Wettbewerbsfähigkeit auf den internationalen Märkten zu verbessern. Mit Hilfe eines numerischen allgemeinen Gleichgewichtsmodells der Weltwirtschaft quantifiziert das ZEW augenblicklich ökologische und ökonomische Wirkungen der Einführung von sektoralen Vereinbarungen im Zementsektor. Explizit berücksichtigt werden dabei Vermeidungskosten und -potentiale in China, Brasilien und Mexiko.

"Durch die Beteiligung der Entwicklungs- und Schwellenländer könnten weltweit deutlich mehr klimaschädliche Treibhausgase eingespart werden als dies durch die unilaterale Klimapolitik der EU bislang der Fall ist," sagt Löschel. Damit diese sich auf ein solches Geschäft einlassen, müssen handfeste Anreize geboten werden. Denkbar wäre beispielsweise der Transfer von technologischem Know-how. Sektorale Vereinbarungen sind unter dem Aspekt der Kosteneffizienz zwar nur die zweitbeste Lösung. "Sie sind aber unter den gegebenen Umständen ein politisch durchsetzbarer und damit realistischer Schritt hin zu einem ambitionierten und ökonomisch tragbaren Klimaschutzabkommen auf globaler Ebene", fasst Löschel seine Einschätzung zu diesem weitgehend neuen Ansatz in der internationalen Klimapolitik zusammen.

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Dr. Victoria Alexeeva-Talebi, E-Mail: alexeeva-talebi@zew.de