Deutsche Energiepolitik kann nicht ohne Europa gedacht werden
KommentarZEW-Statement zum Bericht der europäischen Übertragungsnetzbetreiber
Der heutige Bericht der europäischen Übertragungsnetzbetreiber, die europäische Bidding Zone Review, kommt zu dem Ergebnis, dass eine Aufteilung der aktuellen deutsch-luxemburgischen Strompreiszone in mehrere Preiszonen zur Effizienz des europäischen Strommarktes wesentlich beitragen würde. Der Bericht empfiehlt eine Aufteilung auf fünf Preiszonen. Das würde bedeuten, dass sich in Zeiten regionaler Stromknappheit aufgrund fehlender Übertragungskapazitäten bis zu fünf verschiedene lokale Strompreise in Deutschland ergeben könnten. ZEW-Präsident Prof. Achim Wambach, PhD und Marion Ott, stellvertretende Leiterin des ZEW-Forschungsbereichs „Marktdesign“, sagen dazu:
„Derzeit ist Deutschland eine Bremse beim Aufbau des europäischen Stromsystems. Dies kann sich Europa, aber auch Deutschland nicht leisten.
Regionale Preiszonen helfen, zwei der vier vom Bundeswirtschaftsministerium in seinem Bericht „Strommarktdesign der Zukunft“ angesprochenen fundamentalen Probleme des deutschen Energiemarktes zu lösen: die unzureichende Flexibilität der Stromnachfrager sowie fehlende regionale Anreize für die Stromproduktion und -nachfrage. Das Stromsystem benötigt mehr Flexibilität auf der Nachfrageseite, damit diese sich an das schwankende und zunehmende Angebot der eingeschränkt steuerbaren erneuerbaren Energien anpassen kann. Diese Flexibilität muss auf das lokale Angebot abgestimmt sein, damit sie für das System hilfreich ist. Bei einem einheitlichen deutsch-luxemburgischen Strompreis, wie ihn das derzeitige Strommarktdesign aufweist, fehlt das Preissignal, das lokal Angebot und Nachfrage ins Gleichgewicht bringt. Dadurch entstehen Fehlallokationen, die die Transportengpässe aufgrund fehlender Stromleitungen noch verstärken.
Regionale Preise bilden in Bezug auf die festgelegten Preiszonen die lokale Knappheit an Strom ab. Reagieren Nachfrager und Batterien flexibel auf diese regionalen Preise, helfen sie dadurch, das Angebot an erneuerbarem Strom und die vorhandenen Übertragungsnetze innerhalb Deutschlands und auch zu den europäischen Nachbarn besser zu nutzen.
Die aktuelle Preiszone macht den Stromhandel mit Deutschland für einige europäische Nachbarn unattraktiv. Dies führt dazu, dass diese wenig Interesse an einem Ausbau des Stromnetzes haben, was den Stromimport bzw. -export in Zeiten von Überschuss bzw. Mangel einschränkt, obwohl ein verstärkter Handel die Effizienz steigern würde.
Die Empfehlung für mehrere Preiszonen in Deutschland ist gut begründet und würde helfen, Probleme des deutschen Strommarktes zu lösen, und gleichzeitig zur Integration Deutschlands in den europäischen Strommarkt beitragen.
Statt eine Abwehrhaltung einzunehmen, sollte Deutschland daran arbeiten, die Umsetzung des Vorschlags zu prüfen und mögliche Ausgleichsmechanismen für Regionen, die zumindest anfänglich durch die Preiszonen mit höheren Preisen betroffen sein können, zu entwickeln.“