Osteuropäer lehnen eine Euro-Transferunion ab

European Integration

ZEW-Studie zur Euro-Perspektive Osteuropas

ZEW-Studie zur Attraktivität des Euros: Ein Reformpaket wird benötigt, um die Eurozone nach Osten zu erweitern.

Die Attraktivität des Euro hat aus Sicht der osteuropäischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union in den vergangenen Jahren deutlich abgenommen. Kommt es für die Eurozone zu Reformen in Richtung einer stärkeren fiskalischen Zentralisierung und Solidarität, dann dürfte dies die Skepsis in diesen Ländern gegen einen Beitritt zur Gemeinschaftswährung noch verschärfen. Nur ein ausgewogenes Reformpaket, das eine Sozialisierung von Staatsschulden glaubwürdig verhindert, könnte den Weg für eine Erweiterung der Eurozone nach Osten bereiten. Dies sind die Erkenntnisse einer Studie, die das ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim mit Förderung der Brigitte Strube Stiftung erarbeitet hat.

Das ZEW-Team hat eine umfassende Bestandsaufnahme zur ökonomischen Lage der mittel- und osteuropäischen EU-Mitgliedstaaten erarbeitet. Diese Länder sind demnach zum Teil bereits dabei, südeuropäische Staaten im Pro-Kopf-Einkommen zu überholen. Zudem haben die osteuropäischen EU-Mitglieder zumeist nur vergleichsweise geringe Staatsschulden und konnten in den vergangenen Jahren die europäischen Defizitgrenzen überwiegend einhalten.


In einem weiteren Analyseschritt wurden für die Studie mehr als 1.800 Ökonomen/-innen in den EU-Mitgliedstaaten Osteuropas sowie in Deutschland, Frankreich und Italien zu ihren Reformpräferenzen befragt. Mit Blick auf neue Zuständigkeiten der EU auf den Gebieten Verteidigung, Migration und Besteuerung sind die osteuropäischen Experten/-innen deutlich reservierter als ihre Kollegen in Westeuropa.

Mehr Übereinstimmung mit Deutschland als mit Frankreich oder Italien

Im Hinblick auf Euro-Reformideen zeigen sich auf einigen Gebieten eher Übereinstimmungen mit den deutschen Befragten als mit denen in Italien und Frankreich. So sind sich die Wissenschaftler/innen der ökonomisch wohlhabenderen Staaten Osteuropas (wie Tschechische Republik und Polen) in der Ablehnung einer Aufweichung des Stabilitätspakts einig mit ihren deutschen Kollegen/-innen. Eine größere Übereinstimmung mit Deutschland als mit Frankreich oder Italien ist auch in der Frage des Umgangs mit hoch verschuldeten Euro-Staaten zu finden.

Sowohl deutsche als auch osteuropäische Befragte favorisieren hier ein Insolvenzsystem für überschuldete Staaten. Sympathien in Osteuropa finden indessen Ideen zur Absicherung der Eurozone gegen starke konjunkturelle Schwankungen beispielsweise durch eine europäische Arbeitslosenversicherung.

„Aus Sicht Osteuropas könnten die Nachteile einer Euro-Einführung die Vorteile überwiegen. Angesichts sehr viel höherer Staatsschulden in West- und Südeuropa ist die Sorge offenbar groß, dass der Euro-Beitritt mit unkalkulierbaren finanziellen Risiken einhergehen würde. Zumindest die wohlhabenderen Staaten Osteuropas werden einer Euro-Haftungs- und Transferunion nicht beitreten“, interpretiert Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Projektleiter der Studie am ZEW, die Ergebnisse. „Umso wichtiger sind daher ausgewogene Euro-Reformen, die glaubwürdige Wege zum Umgang mit überschuldeten Staaten aufzeigen. Dazu gehört zwingend ein Insolvenzsystem für Euro-Staaten. Ein einseitiger Ausbau von neuen Transferinstrumenten ohne bessere Schuldenregeln wird den Weg von Ländern wie Polen, Tschechien und Ungarn in den Euro auf Dauer blockieren und nur noch den Euro-Beitritt der ärmeren EU-Staaten erlauben.“

Weitere Informationen

Kontakt