Was Patienten motiviert, digitale Angebote wirksam zu nutzen
ForschungZEW an Forschungsprojekt zu Gesundheits-Apps beteiligt
Der Erfolg einer medizinischen Therapie hängt maßgeblich davon ab, ob sich ein Patient oder eine Patientin an die gemeinsam mit dem medizinischen Personal vereinbarten Empfehlungen hält. Diese Frage stellt sich insbesondere bei digitalen Versorgungsangeboten – wie zum Beispiel bei Gesundheits-Apps. Ob Therapietreue (Adhärenz) besteht, hängt von vielen Faktoren ab: unter anderem von der Bedienfreundlichkeit, vom Vertrauen der Patienten in einen solchen Therapieansatz und nicht zuletzt von der verständlichen Erklärung durch medizinisches Personal, Hersteller oder Krankenkassen. Zudem wirken solche Angebote in unterschiedlichen Kontexten sehr verschieden – je nach Erkrankung oder Lebenswirklichkeit der Betroffenen.
Ab 2026 will das Forschungsprojekt „DEKODE“ den Zusammenhang dieser Faktoren genauer untersuchen. Projektleiterin ist Prof. Ariel Dora Stern vom Fachgebiet „Digital Health, Economics & Policy“ an der gemeinsamen Digital Engineering Fakultät des Hasso-Plattner-Instituts (HPI) und der Uni Potsdam. Konsortialpartner sind darüber hinaus das ZEW Mannheim, die Charité Universitätsmedizin Berlin, der Anbieter Vivira Health Lab GmbH und die Techniker Krankenkasse. Der Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss fördert das Forschungsprojekt mit rund zwei Millionen Euro in den nächsten drei Jahren.
Strategien für mehr digitale Therapietreue
Trotz des steigenden Angebots von Digital-Health-Angeboten ist das Nutzungsverhalten der Patientinnen und Patienten bislang nur unzureichend verstanden und untersucht. Gängige Indikatoren wie die Anzahl von App-Downloads oder die eingelösten Aktivierungscodes für die Nutzung solcher Gesundheits-Apps messen die Nutzung oft nur oberflächlich und bieten vielfach nur unzureichende Einblicke in die tatsächliche Anwendung und die langfristige Wirkung. Ziel des wissenschaftlichen Projekts „DEKODE“ ist die Entwicklung eines Toolkits, das Mitwirkungsfaktoren darstellt und Strategien zur Therapietreue aufzeigt. Daraus wird das Forschungsteam ebenfalls Empfehlungen für die Politik und die medizinische Praxis im Bereich Digital Health ableiten.
Basis des Forschungsprojekts bilden Befragungen und Interviews von Patientinnen und Patienten sowie von Fachleuten. Klinische Daten und Daten von Versicherten, die digitale Versorgungsangebote nutzen, fließen ebenfalls in die Auswertung ein. Personenbezogene Daten werden dabei streng nach den Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung verarbeitet.
Einflussfaktoren systematisch und datenbasiert untersuchen
Gesundheitsökonomin Prof. Ariel Dora Stern vom HPI freut sich auf den Projektstart: „Die konsequente Mitwirkung bei digitalen Versorgungsangeboten ist ein entscheidender Erfolgsfaktor – für Patientinnen und Patienten, die ihre Gesundheitsergebnisse und Lebensqualität verbessern wollen. Für Ärztinnen und Ärzte, die wirksame, patientenzentrierte Behandlungen ermöglichen möchten. Für Hersteller digitaler Angebote, die auf die richtige und effektivste Anwendung ihrer Produkte angewiesen sind. Und für Krankenkassen, die langfristig auf stabile Gesundheitssysteme setzen. Mit unserem Forschungsprojekt entwickeln wir eine daten- und evidenzbasierte Grundlage für alle Beteiligten sowie Empfehlungen, damit Menschen Digital-Health-Angebote in Zukunft noch besser annehmen.“
„Adhärenz zur Therapie ist nicht nur für den Behandlungserfolg essentiell – sie hat auch eine große wirtschaftliche Bedeutung, denn für das Gesundheitssystem fallen Kosten ohne Nutzen an bei Patientinnen und Patienten die nicht adhärent sind. Während man bei Medikamenten auf Schätzungen zu ungenutzten Pillen zurückgreifen muss um einen Eindruck von der Adhärenz zu gewinnen haben wir bei digitalen Gesundheitslösungen die Möglichkeit Adhärenz präzise zu messen. Mit DEKODE haben wir also die Möglichkeit, die vielfältigen Einflussfaktoren systematisch und datenbasiert zu untersuchen und daraus auch ganz praktische Handlungsempfehlungen für Versorger, Politik und Gesundheitswirtschaft abzuleiten“, sagt Prof. Dr. Simon Reif, Leiter der Forschungsgruppe „Gesundheitsmärkte und Gesundheitspolitik“ am ZEW.