ZEW–CS Finanzmarkttest für die Schweiz - Weiterhin positive Einschätzung der aktuellen Wirtschaftslage, während sich die Erwartungen bezüglich der künftigen Wirtschaftsentwicklung weiter verschlechtern

Konjunkturindikator Schweiz

Der im September vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Zusammenarbeit mit Credit Suisse (CS) durchgeführte Finanzmarkttest Schweiz bestätigt die seit Beginn der Umfrage vorherrschende positive Stimmung. Die aktuelle Wirtschaftslage wird von 86,2 Prozent der Umfrageteilnehmer als gut empfunden, was ein leichter Rückgang ist im Vergleich zum Vormonat (90,2 Prozent). Der Indikator, der die Erwartungen bezüglich der Wirtschaftsentwicklung wiedergibt, fiel jedoch in der September-Umfrage auf 1,8 Punkte (im August 16,3). Weniger Teilnehmer als im Vormonat gehen von einem Anstieg der kurz- und langfristigen Zinsen aus. Im Durchschnitt erwarten die Teilnehmer einen weiterhin rückläufigen Ölpreis. Dementsprechend sind die Inflationserwartungen gesunken: 41,4 Prozent rechnen mit einem weiteren Anstieg der Inflation in der Schweiz (59,0 Prozent im Vormonat).

Die Finanzmarktexperten zeichnen nach wie vor ein durchweg günstiges Bild der aktuellen Wirtschaftslage. Der entsprechende Indikator liegt mit 84,5 Punkten um 5,7 Punkte unter dem bisherigen Maximalwert vom August. Das Ausmaß des Rückgangs (14,5 Punkte) ist zudem noch deutlicher als im Vormonat und führt zu einem mit 1,8 Punkten nur noch knapp positiven Indikator. Nur 19 Prozent der Umfrageteilnehmer gehen von einer weiteren Verbesserung des wirtschaftlichen Momentums aus, während 63,8 Prozent keine Veränderung und 17,2 Prozent eine Verschlechterung erwarten. Diese Einschätzung kann als Zeichen interpretiert werden, dass vor dem Hintergrund etwas weniger günstiger weltwirtschaftlicher und monetärer Rahmenbedingungen die Dynamik der Wirtschaftsentwicklung mittelfristig wohl abnehmen dürfte.

Deutlich weniger Umfrageteilnehmer als im Vormonat erwarten mittelfristig weiterhin einen Anstieg der Inflation. Der entsprechende Indikator ist um 21,3 Punkte auf nunmehr 32,8 Punkte gefallen. Im Rahmen ihrer quartalsweisen geldpolitischen Lagebeurteilung hat auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) einen günstigeren Inflationsausblick gegeben. Der positivere Inflationsausblick der Umfrageteilnehmer wird durch die Erwartungen bezüglich der Ölpreisentwicklung unterstrichen. Zum ersten Mal seit Beginn der Umfrage erwartet ein höherer Prozentsatz der Teilnehmer ein Sinken des Ölpreises.

Die SNB hat am 14. September den Zielsatz für den 3-Monats-Libor erneut um 25 Basispunkte erhöht, die vierte Zinserhöhung seit letztem Dezember. Der Prozentsatz der Umfrageteilnehmer, die eine weitere Zinserhöhung erwarten, ist gesunken. Jedoch halten die meisten Teilnehmer eine Fortführung der Politik der graduellen Zinsanpassungen für wahrscheinlich. Auch bei den langfristigen Zinsen gehen die Teilnehmer mehrheitlich noch von einem Anstieg aus, wobei auch hier ein Umdenken zu beobachten ist und der Prozentsatz jener zunimmt, die gleich bleibende Sätze erwarten.

In den vergangenen Wochen hat sich der Schweizer Franken zwischenzeitlich bis auf ein Niveau von über 1,59 gegenüber dem Euro abgeschwächt (der schwächste Wert seit März 2000). Die Auswertung der Umfrage bezüglich der erwarteten Wechselkursentwicklung des Schweizer Frankens zum Euro zeigt, dass 39,7 Prozent der Teilnehmer nunmehr eine Aufwertung erwarten, von einer weiteren Abwertung gehen lediglich 10,3 Prozent aus. Dies bringt den Indikator auf 29,4 Punkte, was einem Rückgang von 5,1 Punkten gegenüber dem Vormonat entspricht.

Die Einschätzungen der zukünftigen Ertragslage von Unternehmen der schweizerischen Dienstleistungsbranchen liegen generell unter jenen der Vormonate. Während 19 Prozent der Teilnehmer erwarten, dass sich die Konjunktur in den nächsten sechs Monaten noch verbessert, halten 38,5 Prozent einen Anstieg der Unternehmensgewinne im Dienstleistungssektor im gleichen Zeitraum für wahrscheinlich.

Mit der Spezialfrage dieses Monats wurden die Teilnehmer um eine Einschätzung gebeten, ob ein Anstieg der Kapazitätsauslastung in der Schweiz, den mehrere Indikatoren andeuten, zu zunehmendem Inflationsdruck führen wird. Nur 36 Prozent der befragten Experten stimmten dem zu; 64 Prozent verneinten die Aussage. Die meisten Teilnehmer (80 Prozent) glauben, dass eine höhere Kapazitätsauslastung höhere Investitionsausgaben auslösen werde.

Ablauf der Umfrage und Methodologie

Eine analoge monatliche Untersuchung für Deutschland führt das ZEW seit 1991 durch. Ziel der Schweizer Umfrage ist, Indikatoren sowohl für das allgemeine Konjunkturklima der Schweiz als auch für den schweizerischen Dienstleistungssektor zu entwickeln.

Im Einzelnen werden die Finanzexperten nach ihren mittelfristigen Erwartungen befragt, die sie für wichtige internationale Finanzmärkte hinsichtlich der Entwicklung der Konjunktur, der Inflationsrate, der kurz- und langfristigen Zinsen, der Aktienkurse und der Wechselkurse haben. Zusätzlich werden die Finanzexperten um eine Einschätzung der Ertragslage der Unternehmen in folgenden schweizerischen Dienstleistungsbranchen gebeten: Banken, Versicherungen, Konsum/Handel, Telekommunikation und Gesamt.

Die Salden ergeben sich aus der Differenz der positiven und der negativen Anteile. Die Werte in Klammern zeigen die Veränderungen jedes Indikators gegenüber dem Vormonat.

Detaillierte Ergebnisse enthält der "Financial Market Report Switzerland", der monatlich in Englisch erscheint.

Ansprechpartner

Gunnar Lang (ZEW), Telefon: 0621/1235-372, E-Mail: lang@zew.de  

Thomas Herrmann (CS), Telefon: +41/44/333-5062, E-Mail: thomas.herrmann@credit-suisse.com