Wahl in Italien – Populistische Regierung würde Insolvenzrisiko erhöhen

Forschung

Durch Reformen von Arbeitsmärkten, Steuersystem und öffentlicher Verwaltung, könnte eine neue Regierung die Staatsfinanzen Italiens stabilisieren.

Italien ist nach Griechenland das Euro-Land, dem in den nächsten Jahren am ehesten eine staatliche Insolvenz drohen könnte. Gleichzeitig ist das Land „too big to fail“, sodass aus europäischer Sicht eine ungeordnete Zahlungsunfähigkeit des Landes nahezu um jeden Preis abgewendet werden muss. Eine konfliktbereite neue Regierung könnte deshalb versuchen, neue EU- oder EZB-Finanzhilfen zu erzwingen. Zu diesen Schlussfolgerungen kommt eine aktuelle Analyse des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, zur italienischen Verschuldungssituation am Vorabend der Parlamentswahl.

Italien ist in der Eurozone das Land mit der höchsten absoluten Staatsverschuldung in Höhe von 2,3 Billionen Euro. Dies entspricht 23 Prozent der gesamten Euro-Staatsverschuldung, obwohl das Land nur einen Anteil an der Wirtschaftsleistung in Höhe von 15 Prozent aufweist. Hinzu kommt eine ungünstige Schuldendynamik. Trotz der historischen Niedrigzinsen steigt die Schuldenquote des Landes seit 2007 fast ununterbrochen und hat inzwischen ein Niveau von 132 Prozent des BIP erreicht.

Die ZEW-Analyse  macht allerdings auch einige Stärken deutlich: So weist Italien Leistungsbilanzüberschüsse auf und ist per Saldo nicht im Ausland verschuldet. Auch hat es keine nennenswerte „implizite Staatsverschuldung“, die sich aus großzügigen Leistungsversprechen für zukünftige Generationen ermitteln lässt. Eine reformorientierte Regierung hätte somit gute Chancen, die Staatsfinanzen durch Reformen von Arbeitsmärkten, Steuersystem und öffentlicher Verwaltung zu stabilisieren.

„Eine populistische Regierung in Rom wäre ein Hochrisikoszenario"

Die Wahlprogramme mit ausufernden Versprechen für neue Staatsausgaben und der Absage an Strukturreformen lassen jedoch befürchten, dass dieser notwendige Reformweg nicht beschritten wird. Die Analyse macht dabei deutlich, dass die Wahl populistischer Parteien aus Sicht italienischer Wähler durchaus ökonomisch rational sein kann. Friedrich Heinemann, Autor der Analyse und Leiter des ZEW-Forschungsbereichs “Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“, erläutert: „Es rächt sich nun, dass Europa sich bislang nicht um ein geordnetes Insolvenzverfahren für Staaten gekümmert hat. Damit ist die Eurozone erpressbar geworden. Finanztransfers von außen bieten für die Menschen in Italien aus völlig nachvollziehbaren Gründen eine attraktivere Lösung des italienischen Schuldenproblems als neue Reformen mit ihren Einschnitten.“ Sollte Italien nach der Wahl eine Regierung erhalten, die ähnlich wie die Regierung Griechenlands Anfang 2015 auf Konfrontationskurs mit der Euro-Gruppe geht, dann ist der Ausgang völlig ungewiss. „Eine populistische Regierung in Rom wäre ein politisches und ökonomisches Hochrisikoszenario, das eine neue Phase ökonomischer und politischer Unsicherheit einläuten würde und letztlich den Bestand von Eurozone und EU gefährden könnte“, so Heinemanns Einschätzung.

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Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Telefon 0621/1235-149, E-Mail friedrich.heinemann@zew.de