Private Krankenversicherungsverträge: Besser als ihr Ruf
ForschungZEW-Studie zeigt Effizienz von Langzeitverträgen in der Privaten Krankenversicherung auf
Das Vertragsdesign Privater Krankenversicherungen (PKV) in Deutschland kommt dem wissenschaftlichen Idealmodell sehr nahe – selbst unter verschiedenen Modellannahmen liegt der Wohlfahrtsverlust im Vergleich zu einer theoretisch optimalen Krankenversicherung über den gesamten Lebenszyklus bei maximal vier Prozent. Das zeigt eine neue Untersuchung des ZEW Mannheim gemeinsam mit der Cornell University, der University of Pennsylvania sowie der Universität Duisburg-Essen. Die Studie wurde gerade im renommierten Journal of Political Economy veröffentlicht, einem der weltweit fünf Top-Journale der Volkswirtschaftslehre.
„Das deutsche PKV-System ist weltweit einzigartig, ein seit Jahrzehnten stabiler Markt und aus ökonomischer Sicht besser als sein Ruf. Wenn Versicherungsnehmer idealerweise in jungen Jahren bei guter Gesundheit einen PKV-Lebenszeitvertrag abschließen, erhalten sie in der Regel fair kalkulierte Verträge, die – von Ausnahmen abgesehen – Planungssicherheit über das gesamte Leben geben“, erklärt Prof. Dr. Nicolas Ziebarth, Leiter des ZEW-Forschungsbereichs „Arbeitsmärkte und Sozialversicherungen“ und Ko-Autor der Studie. „In der Theorie, gemäß den Regulierungsvorschriften und weitestgehend auch in der Praxis bleiben die Prämien ein Leben lang relativ stabil und steigen im Alter trotz stark steigender Gesundheitsausgaben nicht deutlich an. Das führt unter anderem dazu, dass Versicherungsnehmer ihre Belastungen über verschiedene Lebensphasen hinweg relativ gut ausbalancieren können. Die deutschen PKV-Verträge kommen daher dem ökonomisch-theoretischen Ideal erstaunlich nahe – vor allem, wenn das Einkommen im Laufe des Lebens relativ stabil bleibt.“
Langfristige Verträge stabilisieren die Beiträge
Besonders auffällig ist der erreichte Wohlfahrtswert. In zahlreichen Szenarien liegt er bei über 96 Prozent des theoretischen Maximums. Gemeint ist damit der ökonomische Nutzen: Wie viel ist es einer Person wert, einen sicheren, vorhersehbaren, lebenslangen Vertrag zu haben – im Vergleich dazu, sich jedes Jahr neu zu versichern mit dem Risiko, aufgrund schlechterer Gesundheit mehr zu zahlen.
„Langfristige Verträge wie im deutschen PKV-System gleichen Risiken über die Lebenszeit aus. Ein Unfall oder eine schwere Krankheit führen hierzulande nicht zu höheren Prämien oder der einseitigen Stornierung des Vertrages durch den Versicherer, so wie bei anderen Versicherungen oder beispielsweise in den USA vor der ObamaCare-Reform. Was kurzfristig nachteilig wirkt – etwa im Verhältnis zum Gesundheitszustand relativ hohe Beiträge in jungen Jahren –, sorgt langfristig für Stabilität durch den Aufbau eines Kapitalstocks für höhere Ausgaben im Alter. Hier liegt die Stärke der langfristigen Verträge“, so Ziebarth.
Deutschland hat ein duales Krankenversicherungssystem mit dem weltweit größten Markt individueller Langfristverträge. Die Studie nutzte daher das deutsche PKV-Vertragssystem als „natürliches Labor“, um zentrale Annahmen der Versicherungsökonomik empirisch zu testen.