Krankenhausreform: Dringend Verbesserungsbedarf

Kommentar

ZEW-Ökonom Prof. Dr. Simon Reif zur Krankenhausreform

Prof. Dr. Simon Reif, Leiter der ZEW-Forschungsgruppe „Gesundheitsmärkte und Gesundheitspolitik“.

Das Bundeskabinett hat die geplante Krankenhausreform gebilligt. Der Entwurf kommt als nächstes zu Beratungen in den Bundestag.

Simon Reif, Leiter der Forschungsgruppe „Gesundheitsmärkte und Gesundheitspolitik“ am ZEW Mannheim sowie Professor für Volkswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Gesundheitsmärkte an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), kommentiert den Entwurf:

„Grundsätzlich ist es sehr zu begrüßen, dass sich die Bundesregierung einer Krankenhausreform annimmt. Die aktuelle Krankenhausstruktur ist einer der Gründe dafür, dass in Deutschland beispielsweise trotz einer im internationalen Vergleich sehr hohen Anzahl an Pflegekräften über Pflegemangel geklagt wird. Es besteht aber noch dringend Verbesserungsbedarf am aktuellen Entwurf.

Der im Kabinettsbeschluss beschriebene Ansatz zur Vorhaltevergütung stellt den Krankenhäusern im Grunde kein Geld für die Vorhaltung bereit, sondern knüpft diesen Vergütungsbestandteil an die Anzahl an Behandlungsfällen. Eine echte Vorhaltevergütung würde die reine Vorhaltung eines Versorgungsangebots finanziell abgelten und zwar unabhängig von der erbrachten Leistungsmenge. Entsprechend würde der aktuelle Ansatz sowohl aktuelle Fehlversorgung fortschreiben als auch weiterhin den Anreiz setzen, möglichst viele Operationen zu erbringen.

Um trotz dieses Designfehlers eine Weiterentwicklung der Krankenhauslandschaft hin zu einer stärkeren Konzentration von Behandlungen zu erreichen, soll die Vorhaltevergütung an Mindestmengen als Qualitätsstandard geknüpft werden. Es ist allerdings noch völlig unklar, wie eine solche Mindestmengenregelung ausgestaltet werden kann. Da jedes Bundesland außerdem nach Belieben Ausnahmen der Mindestmengen beschließen kann, ist kein großer Effekt auf die Versorgung zu erwarten. Wichtig wäre hier, dass Ausnahmen nur möglich sind, wenn ein Plan besteht, wie die bundesweit geforderten Qualitätsmerkmale erreicht werden. Andernfalls ist zu befürchten, dass Ausnahmen die Regel werden und Qualitätsstandards würden sich auch langfristig zwischen den Bundesländern unterscheiden. Eine inhaltliche Begründung, warum sich Qualitätsstandards für die Krankenhausversorgung zwischen den Bundesländern unterscheiden sollen, gibt es allerdings nicht.“