Herdenimmunität gelingt nur mit einem flexiblen Vergütungssystem für Mediziner/innen

Forschung

Ein ZEW policy brief schlägt ein flexibles Vergütungssystem vor, das Mittel zur Erreichung einer hohen Impfprävalenz effizient bereitstellt und verteilt.

Die Impfkampagne in Deutschland soll maßgeblich mit der Unterstützung von Hausärzten/-innen vorankommen. Mit zunehmender Durchimpfung der Bevölkerung werden zusätzliche Anstrengungen der Mediziner/innen nötig, um die Impfkampagne voranzutreiben und letztlich Herdenimmunität zu erzielen. Impfende Mediziner/innen brauchen deshalb eine flexible und bedarfsorientierte Kostenerstattung. Ein aktueller ZEW policy brief schlägt ein flexibles Vergütungssystem vor, das Mittel zur Erreichung einer hohen Impfprävalenz effizient bereitstellt und verteilt.

Mit einer voranschreitenden Impfkampagne dürfte es immer schwieriger werden, Impfwillige zu finden. Das Impfen von Patienten/-innen, die von sich aus in der Praxis erscheinen, wird zum Erreichen der Herdenimmunität nicht ausreichen. Mediziner/innen werden proaktiv ihre Patienten/-innen ansprechen müssen. Letztlich steigen dadurch die Kosten der Mediziner/innen im Verlauf der Impfkampagne. Entscheidend für eine höhere Impfbereitschaft in der Bevölkerung ist also die proaktive Aufklärung und Information durch impfende Mediziner/innen – eine Seite der Impfkampagne, die bisher zu wenig berücksichtig wurde.

„Hausarztpraxen sind vermutlich schon jetzt an ihrer Belastungsgrenze angelangt. Ärztinnen und Ärzten nun zu ihrer normalen Tätigkeit und ihren derzeitigen Mitteln, zusätzlichen Aufwand aufzubürden, indem sie Ungeimpfte vom Wert einer Corona-Impfung überzeugen sollen, scheint mir schwer machbar“, sagt Prof. Dr. Vitali Gretschko, Leiter des Forschungsbereichs „Marktdesign“ am ZEW Mannheim und Ko-Autor des ZEW policy brief. Fakt ist allerdings, wenn sich nicht genügend Menschen impfen lassen,  würde dies das angestrebte Ziel der Herdenimmunität konterkarieren.

Damit Impfunentschlossene aktiv erreicht werden, ist ein erheblicher Aufwand seitens der Mediziner/innen nötig. Darunter fallen Änderungen der Praxisöffnungszeiten, Überstunden, Bedarf an zusätzlichem Personal, mobile Impfleistungen, zusätzliche Software oder zusätzlich eingekaufte externe Dienstleistungen. „Die bisherige pauschale Kostenerstattung von 20 Euro pro Impfung deckt diesen Aufwand nur unzureichend und ist schlicht nicht effizient. Das ist zu wenig für eine Maßnahme, die langfristig wirkt und entscheidend für unser Gesundheitssystem ist“, erläutert Dr. Marion Ott, Wissenschaftlerin im ZEW-Forschungsbereich „Marktdesign“ und Ko-Autorin. Zum Vergleich: Ein Antigen-Schnelltest wird für Ärzte/-innen mit 15 Euro entlohnt. Da im Schnitt ein/e Patient/in sich häufiger testen als impfen lässt, ist das Testen insgesamt kostspieliger.

Was es daher laut ZEW-Wissenschaftsteam braucht, ist ein flexibles und bedarfsorientiertes Kostenerstattungsschema für Mediziner/innen. Die Wissenschaftler/innen haben hierzu ein System entwickelt, das die unterschiedlichen Kosten sowie den Bedarf an Grund- und Zusatzimpfstoffen berücksichtigt und gleichzeitig eine faire Zusatzvergütung schafft. Die Erstattung kann mit geringem Verwaltungsaufwand realisiert werden. „Unser System bewirkt, dass das staatliche Budget effizient verteilt werden kann, damit möglichst viele Menschen geimpft werden. Zudem schafft eine zusätzliche Vergütung Anreize, dass Dienstleistungen rund um ein möglichst effizientes Impfen entstehen“, so Vitali Gretschko.

Allgemeine Dokumente

ZEW policy brief „Ein flexibles Vergütungs-konzept für Mediziner hilft, Herdenimmunität gegen COVID-19 zu erreichen“

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