Arbeit hat Zukunft, wenn die Chancen der Digitalisierung clever genutzt werden

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Die Erschütterungen des digitalen Strukturwandels werden auch die Arbeitsmärkte treffen. Aber: Neue Technologien stellen in erster Linie keine Bedrohung für Branchen, Arbeitsplätze und den gesellschaftlichen Wohlstand dar, sondern eine Chance. Zwar geht der Trend zur Polarisierung: Qualifikation und Fachkompetenz werden im Zuge der Digitalisierung immer wichtiger, während zugleich die Löhne auseinanderdriften und sich Arbeitsformen auch dahingehend verändern, dass sie weniger sozialer Absicherung bieten. Begegnen lässt sich dem mit einer vorausschauenden Bildungs- und Sozialpolitik, gepaart mit einer Intensivierung der Förderung von Forschung und Entwicklung bei Unternehmen.

Mit anderen Worten: Wird der Wandel aktiv gestaltet, lassen sich auch Probleme der Globalisierung und demografischer Wandel in den Griff bekommen. Prof.  Achim Wambach, Ph. D. , Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, sowie Vorsitzender der Monopolkommission, und Hans Christian Müller, Redakteur beim Handelsblatt, zeigen in ihrem neuen im Campus-Verlag erschienenen Buch „Digitaler Wohlstand für alle – Ein Update der Sozialen Marktwirtschaft ist möglich, dass die Arbeitsmärkte vor gravierenden Umwälzungen stehen – was aber keinesfalls bedeutet, dass der Menschheit bald Massenarbeitslosigkeit droht.
 
Neue Technologieschübe machen manche menschliche Tätigkeiten zwar überflüssig, steigern zugleich aber auch die Produktivität. Das spart Geld, das sich wieder investieren lässt, weitere Neuerungen und Produkte entstehen, für die es Arbeitskräfte braucht – willkommen im Wachstum! Neue Technologien lassen also auch neue Jobs entstehen, und zwar mehr als vernichtet werden, argumentieren die Autoren. Somit wird es künftig eher Kooperation als Konkurrenzkampf mit Robotern geben.

Der Staat muss Strukturanpassungspolitik betreiben

Zweifellos wird es – wie bei jedem technologischen Fortschritt – jedoch auch Verlierer neben Gewinnern geben. Die Digitalisierung bringt es mit sich, dass gut ausgebildete Fachkräfte mit hoher Qualifikation zunehmend gefragter und somit auch besser bezahlt sind im Vergleich zu Mittel- und Geringqualifizierten. Während sich so einerseits der Druck auf die Arbeitenden im Konkurrenzkampf untereinander erhöht, wandeln sich zugleich die Formen der Arbeit. Click- oder Crowdworker als „Tagelöhner des digitalen Zeitalters“, so die Autoren, erledigen Klein- und Kleinstaufgaben, die Unternehmen auf Internet-Plattformen ausschreiben. Gravierend dabei ist, dass die Individualität in der digitalen Arbeitswelt immer weiter wächst, klassische Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Verhältnisse in Frage gestellt werden und sozialversicherungspflichtige Angestelltenjobs künftig nicht zwingend der Standard sein müssen. Die Vorteile des Wandels gibt es also nur im Paket mit den Nachteilen, meinen die Autoren.
 
Um dem zu begegnen, ist der Staat gefragt, die Nachteile abzufedern und gleichzeitig Entwicklungspotenzial zu schaffen, „also Strukturanpassungspolitik“, heißt es in dem Buch. Abgesehen von der Wettbewerbspolitik, kommt es dabei auf wesentliche Impulse in der Sozial- und Bildungspolitik an. So müssten etwa Mindestbeiträge für Selbstständige in der Kranken- und Pflegeversicherung abgeschafft werden. Und während die Weiterbildung von Beschäftigten in puncto digitale Kompetenzen zwar zunächst Sache der Unternehmen ist, braucht es ebenfalls eine staatliche Bildungsoffensive: Mehr Geld für Erstausbildung und Verlagerung eines Teils der Weiterbildung an Universitäten, Berufs- und Fachhochschulen, fordern die Autoren. Kombiniert mit einem Steuerrabatt für forschende Unternehmen, wäre das ein wichtiger Beitrag, um die Zukunft der Arbeit zu sichern.