Konjunkturexperten/-innen uneinig über Erholung in der Eurozone

Experten/-innen revidieren ihre Wachstumsprognosen im Eurogebiet für dieses und nächstes Jahr leicht nach unten und schauen damit etwas pessimistischer in die Zukunft.

Die Expertinnen und Experten für Konjunktur revidieren ihre Wachstumsprognosen im Eurogebiet für dieses und nächstes Jahr leicht nach unten und schauen damit etwas pessimistischer in die Zukunft. Dabei sind sie sich in den Prognosen zur Erholung äußerst uneinig. Die Erwartungen für die deutsche Wirtschaft sind ähnlich trübe. Optimistisch stimmt hingegen die Entwicklung der Inflation, das EZB-Ziel kommt in greifbare Nähe. Das zeigen die Konjunkturtableaus von ZEW Mannheim und Börsen-Zeitung.

Die Quartalswachstumszahlen für das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) in der Eurozone werden unverändert mit 0,3 Prozent für das zweite Quartal und minus 0,1 Prozent für das dritte Quartal angegeben. Die Wirtschaftsleistung schrumpft demnach im dritten Quartal zum ersten Mal seit der Pandemie. Im Gegensatz zu den Quartalswachstumszahlen wurden die Wachstumsprognosen für die Jahre 2023 und 2024 um jeweils 0,1 Prozentpunkte leicht nach unten revidiert. Für das Jahr 2023 prognostizieren die Expertinnen und Experten ein Wachstum des realen BIP in Höhe von 0,5 Prozent und für das Jahr 2024 einen Anstieg in Höhe von 0,9 Prozent. Es ist möglich, dass die leicht pessimistischeren Erwartungen die Folge des anhaltenden Nahost-Konflikts sind. Gleichzeitig bleibt die Spannweite der Erwartungen für 2024 mit einer Differenz von 1,4 Prozentpunkten zwischen der höchsten Erwartung (1,5 Prozent) und der niedrigsten Erwartung (0,1 Prozent) weiterhin hoch. Es herrscht demnach eine große Uneinigkeit unter den Expertinnen und Experten in Bezug auf die  wirtschaftliche Erholung im Eurogebiet für das kommende Jahr. Als Haupttreiber der Erholung wird insbesondere die Außenwirtschaft angesehen. Mit 2,3 bzw. 2,4 Prozent werden sowohl für die Exporte als auch für die Importe hohe Wachstumsraten im kommenden Jahr erwartet.

Deutsche Quartalswachstumszahlen stagnieren

Die Quartalswachstumszahlen für Deutschland werden weiterhin mit 0 Prozent im zweiten Quartal und minus 0,3 Prozent im dritten Quartal angegeben. Die Wachstumserwartungen für Deutschland haben sich hingegen verändert. Während die Expertinnen und Experten ihre Wachstumsprognose für das Jahr 2023 um 0,1 Prozentpunkte auf minus 0,3 Prozent nach oben revidiert haben, wird die Prognose für 2024 mit 0,6 Prozent um 0,3 Prozentpunkte niedriger angegeben als noch im November. Mit minus 0,3 Prozent erwarten die pessimistischsten Experten sogar einen Rückgang der deutschen Wirtschaftsleistung im kommenden Jahr. Die insgesamt pessimistischeren Erwartungen für 2024 passen zur Entwicklung der Erwartungen für das Eurogebiet.

Inflationsraten nähern sich an EZB-Ziel

Die Quartalswachstumszahlen für Deutschland werden weiterhin mit 0 Prozent im zweiten Quartal und minus 0,3 Prozent im dritten Quartal angegeben. Die Wachstumserwartungen für Deutschland haben sich hingegen verändert.

Die Inflationsraten sinken sowohl im Eurogebiet als auch in Deutschland erneut deutlich. Im November lagen die Inflationsraten bei 2,4 Prozent für das Eurogebiet (minus 0,5 Prozentpunkte gegenüber Oktober) und 3,2 Prozent für Deutschland (minus 0,6 Prozentpunkte gegenüber Oktober). Somit nähern sich die Teuerungsraten weiterhin in großen Schritten dem Inflationsziel der EZB an. Für das Jahr 2023 werden Inflationsraten in Höhe von 5,6 (Eurogebiet) bzw. 6,1 Prozent (Deutschland) erwartet. Die prognostizierten Inflationsraten für das Jahr 2024 betragen 2,8 Prozent (Eurogebiet)  bzw. 2,7 Prozent (Deutschland). Bei den Inflationserwartungen gibt es somit nur geringfügige Veränderungen gegenüber den Werten aus dem Vormonat.

Arbeitslosenquote und geldpolitische Erwartungen fast unverändert

Im Gegensatz zu den Inflationsraten sind bei den Arbeitslosenquoten im Eurogebiet und Deutschland nur geringfügige Veränderungen zu beobachten. Die Arbeitslosenquote im Eurogebiet lag im November wie schon im Oktober bei 6,5 Prozent. Die Arbeitslosenquote in Deutschland ist im November um 0,1 Prozentpunkte auf nun 5,6 Prozent gesunken. Passend dazu haben die Expertinnen und Experten ihre Erwartungen für die deutsche Arbeitslosenquote in den Jahren 2023 und 2024 um jeweils 0,2 Prozentpunkte auf 5,4 Prozent nach unten revidiert. Aufgrund der stabilen kurz- und langfristigen Zinsen haben sich die geldpolitischen Erwartungen gegenüber dem Vormonat kaum verändert. Die Erwartungen an die kurzfristigen Zinsen in den kommenden zwölf Monaten sind um 0,1 Prozentpunkte auf nun 3,5 Prozent nach unten angepasst worden. Die Erwartungen an die langfristigen Zinsen in den kommenden drei Monaten sind ebenfalls um 0,1 Prozentpunkte auf mittlerweile 2,6 Prozent gesunken. Die insgesamt stabilen geldpolitischen Erwartungen passen zu der Tatsache, dass auch für die kommende EZB-Sitzung am 14. Dezember 2023 keine Zinsänderung erwartet wird.

Konjunkturtableaus von ZEW und Börsen-Zeitung

In Kooperation mit der Börsen-Zeitung veröffentlicht das ZEW seit dem Jahr 2013 monatlich Konjunkturtableaus für Deutschland und die Eurozone mit volkswirtschaftlichen Kennzahlen und Prognosen. Zahlreiche Banken und Institute veröffentlichen in unterschiedlichen Abständen Berichte über die aktuelle und voraussichtliche wirtschaftliche Lage. Aus diesen Publikationen werden die für das Tableau relevanten Informationen herausgefiltert und der Median, das Minimum und das Maximum aus den Prognosen für das jeweils laufende und dessen Folgejahr berechnet.

Die monatlich veröffentlichten Konjunkturtableaus zeigen die aktuellen Prognosen für das Bruttoinlandsprodukt (BIP), die Verwendungskomponenten des BIP, Verbraucherpreise, Industrieproduktion, Arbeitslosenquote und lang- und kurzfristige Zinsen sowie Zinsdifferenzen. Der Fokus liegt auf nationalen Informationsquellen, allerdings ergänzen die Prognosen einiger internationaler Banken und Institute die Datenbasis des Tableaus. Das Tableau für den Euroraum wird zudem noch mit Daten von europäischen Banken und Instituten erweitert.