Transfers an Länder ohne Rechtsstaat sind ökonomisch nutzlos

Kommentar

ZEW-Ökonom Friedrich Heinemann zu EU-Geldern und Rechtsstaatlichkeit

Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Leiter des Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft", befürwortet im #ZEWquote Kürzungen von EU-Geldern für Länder, die Mängel bei der Rechtsstaatlichkeit aufweisen.

Gegen die Stimmen von Polen und Ungarn hat die deutsche Ratspräsidentschaft ein Verfahren vorgeschlagen, das Kürzungen von EU-Geldern bei Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit vorsieht. Im Gegenzug drohen die Regierungen beider Länder mit einer Blockade des 750-Milliarden-Euro-Corona-Finanzpakets der EU. Polen und Ungarn wurden in einem soeben veröffentlichten Bericht erhebliche Mängel auf den Gebieten der Unabhängigkeit der Justiz, der Korruptionsbekämpfung und der Medienfreiheit bescheinigt. Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Leiter des Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft" am ZEW Mannheim, kommentiert.

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„Die EU handelt richtig, wenn sie finanzielle Leistungen aus dem Brüsseler Haushalt kürzt, wenn Mitgliedstaaten keine hohen rechtsstaatlichen Standards respektieren. Für solche Sanktionen gibt es nicht nur politische, sondern auch handfeste ökonomische Gründe. Die empirische Forschung zeigt, dass EU-Transfers am ehesten dann eine positive Wirkung auf die ökonomische Entwicklung haben, wenn das Empfängerland über gute Institutionen verfügt. Wenn Richter wie in Polen immer stärker von der Regierung kontrolliert werden und es wie in Ungarn kaum noch unabhängige Medien gibt, dann öffnet dies Vetternwirtschaft und Korruption bei der Verwendung von Kohäsions- und Corona-Geldern Tür und Tor. Je schwächer der Rechtsstaat, desto wahrscheinlicher, dass EU-Geld versickert und letztlich ökonomisch nutzlos ist.

Die Drohung aus Polen und Ungarn, dass sie den Corona-Wiederaufbauplan zum Scheitern bringen, ist überdies nicht glaubwürdig. Beide Länder gehören bezogen auf ihre Wirtschaftskraft zu den größten Profiteuren der Corona-Hilfen – und das, obwohl die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie dort vergleichsweise milde sind. Osteuropa profitiert in umfassender und jetzt stark zunehmender Weise von den europäischen Transfers. Diese Transfers haben aber nur dann eine Berechtigung, wenn die EU auch wirksame Regeln zur Kontrolle der Mittelverwendung durchsetzen kann. Neben diesen Effizienzargumenten sind Transfers an Länder mit fehlender Rechtsstaatlichkeit noch aus anderen Gründen riskant: Sie unterhöhlen die Akzeptanz für die europäische Integration bei den Steuerzahlern in den Geberländern.“