Die erste Veranstaltung drehte sich am 25. September 2025 um die Verteilungswirkungen der Energiewende. Im Fokus standen die Fragen, was die Forschung heute über die Verteilung der Kosten und des Nutzens der Energiewende weiß und wo es noch Wissenslücken gibt. Wer ist besonders betroffen: Menschen mit geringem Einkommen, ländliche Regionen oder bestimmte Berufsgruppen? Was wissen wir aus der ex-post Analyse bestehender Politik- und Fördermaßnahmen? Welche Verteilungswirkungen sind in Zukunft durch den Europäischen Emissionshandel (ETS 2) und andere Maßnahmen zu erwarten?
In seinem Grußwort hob Dr. Oliver Kopp, Vorstandsvorsitzender der MVV Stiftung Zukunft, die Bedeutung des Themas hervor. Als wie gerecht die Verteilungswirkungen der Klimamaßnahmen subjektiv wahrgenommen würden, sei maßgeblich für deren Unterstützung in der Öffentlichkeit.
Prof. Dr. Sebastian Rausch, Leiter des Forschungsbereichs „Klima- und Umweltökonomik“ am ZEW, eröffnete das Podium mit einem Impulsvortrag. Er zeigte, dass Energie- und CO₂-Bepreisung einkommensschwache Haushalte überproportional belastet: Sie geben nicht nur einen größeren Anteil ihres Einkommens für Energie aus, sondern können sich auch schlechter an steigende Energie- und CO₂-Preise anpassen. Greift die Politik stattdessen auf nicht-marktbasierte Instrumente wie CO₂-Emissionsintensitätsstandards für Fahrzeuge zurück, verteilt sich die Belastung zwar gleichmäßiger über alle Haushalte, fällt jedoch insgesamt höher aus. Ambitionierte Klimapolitik erfordert daher breite gesellschaftliche Akzeptanz. Besonders bei weiter steigenden CO2-Preisen und der Einführung des ETS 2 im Jahr 2027 würden Verbraucher/innen einen starken Preisanstieg spüren und die Akzeptanz womöglich schwinden.
Unter der Moderation von Dr. Oliver Schenker, stellvertretender Leiter des ZEW-Forschungsbereichs „Klima- und Umweltökonomik“, diskutierten im Anschluss Sebastian Rausch, der Umweltökonom Prof. Timo Goeschl, PhD von der Universität Heidelberg, Swantje Fiedler, wissenschaftliche Leiterin des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft, sowie Dr. Katja Schumacher, stellvertretende Leiterin des Bereichs „Energie & Klimaschutz“ am Öko-Institut in Berlin.
Fiedler betonte unter anderem, dass es bei der Debatte nicht nur um Kosten gehe, man müsse auch den Nutzen zeigen. Studien zeigten, dass der Nutzen von Klimaschutzmaßnahmen zwei- bis fünfmal höher liege als die Kosten. Die Herausforderung liege aber darin, die volkswirtschaftliche Nutzenrechnung herunter zu brechen und beim Einzelnen ankommen zu lassen.
Goeschl hob hervor, dass Haushalte in den untersten beiden Dezilen der Einkommensverteilung am stärksten auf Klimaschutzmaßnahmen reagierten. Daher zeigten sich dort wie unter einem Brennglas besonders stark die Effekte von Maßnahmen wie einem Klimageld. Bei der wissenschaftlichen Beobachtung dieser Haushalte könne man daher vieles stark wahrnehmen, was in der gesamten Gesellschaft wirkt.
Schumacher ergänzte, dass Einkommensgruppen zwar eine wichtige Kategorisierung der Haushalte darstellten, sich die Lebensrealitäten innerhalb dieser Gruppen allerdings stark unterschieden, abhängig von diversen Faktoren. Lebe man beispielsweise zur Miete oder im Eigentum, auf dem Land oder in der Stadt, sei man jung oder alt. Diese Unterschiede hätten auch individuelle Bedürfnisse für Informations- und Unterstützungsangebote zur Folge, wie Menschen sich aktiv in den Klimaschutz einbringen könnten. Auf dem Land sei man beispielsweise viel eher auf ein Auto angewiesen als in der Stadt, wo man einfacher auf ÖPNV ausweichen könne.
Rausch sagte, dass man die Verteilungsergebnisse beispielsweise eines Klimageldes unterschiedlich bewerten könne. Wenn jeder Euro gleich bewertet werde, seien Verteilungsfragen anders zu beantworten als wenn ein Euro für untere Einkommensgruppen höheren Nutzen stiftet als ein Euro für einkommensstärke Haushalte.
Die interessierten Publikumsfragen drehten sich besonders um die Frage, wie Bürgerbildung im Bereich Klimaschutz aussehen müsse. Wie lasse sich das Expertenwissen so demokratisieren, dass Bürger/innen aktiven Klimaschutz selbst betreiben könnten? Und welche politische Instanz sei zuständig – Bundes-, Landes- oder Kommunalpolitik?