Anstelle von Hilfszahlungen sollte der Staat die Eigenvorsorge der Landwirte stärken

Nachgefragt

Dr. Daniel Osberghaus vom ZEW-Forschungsbereich "Umwelt- und Ressourcenökonomik, Umweltmanagement" spricht sich gegen Staatshilfen für Landwirte aus.

Landwirte in einigen Regionen Deutschlands haben mit Ernteausfällen zu kämpfen. Grund dafür ist das heiße und trockene Wetter. Bund und Länder haben deshalb rund 340 Millionen Euro Hilfsgelder für die betroffenen Bauern gewährt. ZEW-Ökonom Daniel Osberghaus hält die Staatshilfen allerdings für die falsche Strategie und fordert nachhaltigere Maßnahmen.

Was spricht gegen staatliche Finanzhilfen zur Minderung der ökonomischen Folgen der Dürreschäden?

Die Politik hat sich dazu entschlossen, die witterungsbedingten Ernteausfälle der Bauern mit steuerfinanzierten Soforthilfen zu kompensieren. Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht setzen solche Transfers allerdings falsche Signale, denn sie verringern das ­Eigeninteresse der Landwirte zur privaten Risikovorsorge. Im Gegenteil: Tendenziell werden Landwirte mit umfassender privater Vorsorge gegen Ernteausfälle geringere Hilfszahlungen erhalten als Betriebe, die weniger Risikovorsorge betrieben haben. Aus empirischen Studien aus anderen Ländern wissen wir, dass staatliche Hilfen somit sogar einen negativen Effekt auf die Eigen­vorsorge von Landwirten haben.


Zudem sind steuerfinanzierte Soforthilfen in der Praxis nicht berechenbar, sondern abhängig von der Situation der öffentlichen Kassen, dem medialen Interesse und der Lobbyarbeit. ­Diese Faktoren sollten aus ökonomischer Sicht jedoch keine Auswirkungen auf die finanzielle Unterstützung von Landwirten in Notlagen haben.

Was wären denn bessere, nachhaltigere Alternativen im Vergleich zu steuer­finanzierten Sofort­hilfen?

Anstatt Fehlanreize durch teure Hilfszahlungen zu setzen, sollte der Staat die Eigenvorsorge von Landwirten stärken. Landwirte haben die Möglichkeit, sich privat gegen trockenheitsbedingte Ernteeinbußen zu versichern. In Deutschland werden diese Versicherungen jedoch – im Gegensatz zu vielen anderen Ländern in Europa und den USA – nicht finanziell gefördert, sondern sogar durch Steuern verteuert. In der Folge ist die Nach­frage sehr gering, und viele Geschädigte haben tatsächlich ­hohe Verluste zu tragen. Aus meiner Sicht sollte die Politik deshalb eher die Strategie verfolgen, Ernteausfallversicherungen finanziell zu fördern, um so die Eigenvorsorge für die Bauern attraktiv zu machen. Daneben haben Landwirte weitere Möglichkeiten der Risikovorsorge, etwa durch den Anbau von trockenheitsresistenten Sorten und Diversifizierung, also den Verzicht auf Monokulturen. Gerade angesichts des Klimawandels, der Trocken­perioden in Zukunft wahrscheinlicher macht, ist das die nachhaltigere Strategie im Vergleich zu wiederkehrenden Hilfszahlungen.

Ursprünglich hat der Bauernverband Hilfe in Höhe von einer Milliarde Euro gefordert. Die Politik hat den Landwirten nun 340 Millionen ­Euro zugesprochen. Ist das ein guter Kompromiss?

Kurzfristig sind in der aktuellen Situation wahrscheinlich für einige Betriebe Liquiditätshilfen in irgendeiner Form notwendig. Es wäre jedoch besser gewesen, diese kurzfristige Unterstützung mit einer umfassenden, langfristigen Strategie zur Förderung der privaten Eigenvorsorge der Landwirte zu koppeln. Das Ziel für die Zukunft sollte sein, die Eigenvorsorge für die Landwirte erschwinglich zu machen und gleichzeitig glaubwürdig zu kommunizieren, dass bei solchen Ereignissen wie diesen Sommer künftig nicht mehr mit Hilfstransfers gerechnet werden kann.

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