ZEW Discussion Paper Nr. 11-038 // 2011

Religion and the Shadow Economy

Religion ist eine kulturelle Dimension, deren Bedeutung für internationale Unterschiede in der ökonomischen Performance zunehmend Beachtung findet. Diese Arbeit befasst sich mit dem möglichen Einfluss der Religion auf die Größe der Schattenwirtschaft. Dabei werden verschiedene Facetten religiöser Märkte berücksichtigt: das Ausmaß der allgemeinen Religiosität, der spezifische Einfluss unterschiedlicher Religionen, die Intensität des religiösen Wettbewerbs und die Nähe zwischen Religion und Staat. Beispielsweise ist eher eine kleinere Schattenwirtschaft in Ländern mit religiöser Bevölkerung und einer großen Nähe zwischen Religion und Staat zu erwarten. Ersteres sollte gelten, weil religiös fundierte ethische Normen die nicht-pekuniären Kosten ungesetzlicher informeller Transaktionen erhöhen. Letzteres ist zu vermuten, weil Religionsgemeinschaften die Interessen des Staates verteidigen sollten, wenn sie sich in einer engen Partnerschaft mit diesem befinden und davon profitieren. Die empirische Überprüfung dieser Hypothesen verwendet den derzeit größten verfügbaren Länderquerschnitt zur Größe der Schattenwirtschaft im internationalen Vergleich und verknüpft diesen mit zahlreichen religiösen Indikatoren. Ökonometrischer Ausgangspunkt ist eine Basisspezifikation, in der die Größe der Schattenwirtschaft in Abhängigkeit von zentralen ökonomischen Determinanten modelliert wird. Diese Spezifikation wird dann um die potenziellen religiösen Determinanten erweitert. Anschließend überprüfen wir die Robustheit der Schätzungen durch eine Serie von Tests. Insgesamt zeigen unsere Ergebnisse, dass Religion das Niveau informeller Transaktionen beeinflusst, allerdings gelten Differenzierungen. So ist offenbar das Niveau der allgemeinen Religiosität nur von geringer Bedeutung. Demgegenüber zeigt sich eine signifikante Divergenz zwischen den wichtigsten Weltreligionen. Länder, die durch den Islam oder die östlichen Religionen dominiert werden, haben im Vergleich zu christlichen Ländern bei vergleichbarer ökonomischer Entwicklung und Qualität staatlicher Institutionen kleinere Schattenwirtschaften. Außerdem ist die Nähe zwischen Religion und Staat von signifikanter Bedeutung. Eine enge Beziehung zwischen beiden ist typisch für Länder mit einem geringen Anteil ökonomischer Aktivitäten im informellen Sektor. Offenbar nutzen Religionsgemeinschaften ihren normativen Einfluss auf die Gläubigen als “übernatürliche Polizei”, um staatliche Interessen zu schützen, wenn sich Staat und Religion in einer reziproken Beziehung befinden. Die vergleichsweise kleine Schattenwirtschaft in islamischen Staaten ist bemerkenswert angesichts der Skepsis islamischer Ethik gegenüber manchen modernen Formen der Besteuerung. Offenbar kompensieren dies die besonders engen Beziehungen zwischen Religion und Staat in islamischen Ländern. Die meisten dieser signifikanten Ergebnisse werden nur von den Daten für Länder mit mittlerem und niedrigem Einkommen gestützt. Die Existenz einer Staatsreligion in industrialisierten Ländern ist somit nicht von messbarer Bedeutung im Kontext der Schattenwirtschaft.

Heinemann, Friedrich und Friedrich Schneider (2011), Religion and the Shadow Economy, ZEW Discussion Paper Nr. 11-038, Mannheim.

Autoren/-innen Friedrich Heinemann // Friedrich Schneider