Innovationserhebung 2006 - Deutsche Industrieunternehmen sind im europäischen Vergleich am innovativsten

Forschung

Deutsche Unternehmen haben im Jahr 2005 106,8 Milliarden Euro für Innovationen ausgegeben und diesen Betrag 2006 noch einmal auf 108,1 Milliarden Euro gesteigert. Für 2007 ist von Innovationsanstrengungen in ähnlicher Höhe auszugehen.

Bezüglich der Innovationsstärke seiner Unternehmen nimmt Deutschland sowohl im Vergleich mit den Partnerstaaten der EU als auch im Vergleich mit asiatischen Industrieländern wie Japan oder Südkorea eine Spitzenstellung ein. In keinem anderen europäischen Land ist der Anteil der Industrieunternehmen mit erfolgreich abgeschlossenen Innovationsprojekten so hoch wie in Deutschland. Und auch gemessen am Anteil des Umsatzes, der mit neuen Produkten erwirtschaftet wird, liegt die deutsche Wirtschaft im EU-Vergleich auf Platz eins.

Die Spitzenstellung der deutschen Wirtschaft im europäischen Vergleich beruht nicht zuletzt auf der hohen Innovationsbereitschaft der kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU). Deutlich mehr KMU als in anderen Ländern führen neue Produkte ein und verbessern durch neue Verfahren ihre Produktionseffizienz. Innovationen sind damit - neben den im internationalen Vergleich gesunkenen Lohnstückkosten - eine zentrale Stütze des großen Exporterfolgs der deutschen Wirtschaft. Zu diesen Ergebnissen kommt die Innovationserhebung 2006 für Deutschland, die vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung sowie infas - Institut für angewandte Sozialwissenschaft durchgeführt wird.

Sich auf den eigenen Innovationserfolgen auszuruhen, wäre für die deutsche Wirtschaft indessen fatal, denn die Spitzenstellung bei Innovationen lässt sich nur durch permanent hohe Anstrengungen bei der Entwicklung und Umsetzung von neuen Produkten und Produktionstechniken halten. Ein Wermutstropfen in der deutschen Erfolgsbilanz ist daher die ebenfalls von der Studie aufgedeckte Tatsache, dass das Tempo der Ausweitung der Innovationsanstrengungen nachgelassen hat. Nach Einschätzung der Unternehmen ist ein neuer Innovationsschub im Jahr 2007 eher unwahrscheinlich. Im einzelnen stellt sich das Innovationsverhalten der deutschen Wirtschaft derzeit wie folgt dar:

- Der Anteil der mit Innovationen erfolgreichen Unternehmen an allen Unternehmen ("Innovatorenquote") ging von 47 Prozent im Jahr 2004 auf 45 Prozent im Jahr 2005 zurück. Für 2006 kann wieder mit einem Anstieg der Innovationsbeteiligung auf das Niveau von 2004 gerechnet werden. Für 2007 waren die Unternehmen zum Befragungszeitpunkt (1. Halbjahr 2006) dagegen noch zurückhaltend, und ein weiterer Anstieg ist nicht zu erwarten.

- Die Innovationsaufwendungen stiegen im Jahr 2005 nominell um fünf Prozent auf nunmehr 106,8 Milliarden Euro. Dies entspricht in etwa dem Umsatzwachstum, das bei vier Prozent lag. Für das Jahr 2006 rechneten die Unternehmen nur mit einem geringen Anstieg von einem Prozent auf 108,1 Milliarden Euro. Für das Jahr 2007 wurde eher eine Stagnation der Innovationsbudgets (107,7 Milliarden Euro) erwartet. Inwieweit die außergewöhnlich gute konjunkturelle Entwicklung im 2. Halbjahr 2006 zu einer Revision der ursprünglichen Pläne für 2007 führt, lässt sich aktuell noch nicht einschätzen.

Die Innovationsintensität, das ist der Anteil der Innovationsaufwendungen am Gesamtumsatz aller Unternehmen, erreichte in der Industrie 2005 mit 5,0 Prozent den Vorjahreswert. Aufgrund der guten Umsatzentwicklung ist für 2007 mit einem Rückgang auf etwa 4,6 Prozent zu rechnen. In den wissensintensiven Dienstleistungen stieg diese Maßzahl erfreulicherweise im Jahr 2005 auf 5,4 Prozent an. Allerdings waren die Unternehmen auch hier für das Jahr 2007 eher pessimistisch.

- Der Umsatzanteil, der mit neuen Produkten erzielt wurde, stieg im Mittel aller Branchen leicht an. Die Industrieunternehmen meldeten einen leichten Zuwachs auf 27,3 Prozent (2004: 25,9 Prozent), die wissensintensiven Dienstleister konnten 13,8 Prozent (2004: 11,8 Prozent) ihres Gesamtumsatzes mit neuen Dienstleistungsangeboten erwirtschaften. In den sonstigen Dienstleistungsbereichen ging diese Maßzahl von 7,3 Prozent im Vorjahr auf 6,1 Prozent im Jahr 2005 zurück.

Ebenfalls zurückgegangen ist der Umsatzanteil mit Marktneuheiten. Dieser wichtige Indikator gibt an, inwieweit es den Unternehmen gelang, mit originären Produktinnovationen, die zuvor noch von keinem anderen Unternehmen angeboten wurden, erfolgreich zu sein. In der Industrie gingen 2005 rund sechs Prozent des Gesamtumsatzes auf Marktneuheiten zurück. In den Jahren 1998 bis 2002 waren es noch um die acht Prozent.

Trotz ihrer aktuell geringen Dynamik bei Innovationen liegen die deut-schen Unternehmen in Europa weiterhin auf dem Spitzenplatz. Dies zeigen die jüngst publizierten Ergebnisse der vierten europaweiten Innovationserhebung (die Werte für Deutschland in dieser Erhebung weichen von denen der nationalen Statistik ab, da in der EU-Statistik nur Unternehmen mit mindestens zehn Beschäftigten betrachtet werden. Außerdem umfasst die "Industrie" auch die Energie- und Wasserversorgung; die Dienstleistungsbranchen sind dagegen enger abgegrenzt. Die Werte der europaweiten Innovationserhebung beziehen sich auf das Jahr 2004).

- Bei der Innovatorenquote liegt die deutsche Industrie klar an erster Stelle. Im Dienstleistungssektor weist nur die Wirtschaft Luxemburgs einen etwas höheren Anteil an erfolgreichen Innovatoren auf.

- Die Innovationsintensität der deutschen Industrie wird einzig durch Schweden übertroffen. Die deutschen Dienstleistungsunternehmen liegen mit einem Anteil der Innovationsaufwendungen am Gesamtumsatz von 1,2 Prozent an fünfter Stelle im EU-Vergleich.

- Beim Umsatzanteil mit neuen Produkten erzielen die deutschen Industrieunternehmen mit 24 Prozent den höchsten Wert unter allen EU-15-Ländern. In den Dienstleistungen wird hinter Luxemburg, Großbritannien, Italien und Spanien der fünfte Platz erreicht.

Innovationskennzahlen für Japan und Südkorea zeigen auch im Vergleich mit den beiden ostasiatischen Ländern einen klaren Innovationsvorsprung der deutschen Wirtschaft. Vergleichszahlen für die USA liegen nicht vor.

Die Innovationserhebung für Deutschland

Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) erhebt seit 1993 jährlich die Innovationsaktivitäten in der deutschen Wirtschaft. Die Deutsche Innovationserhebung wird im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung durchgeführt. Für die Erhebung 2006 wurden etwa 20.000 Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe, dem Bergbau, der Energie- und Wasserversorgung, den wissensintensiven Dienstleistungen (EDV, Telekommunikation, technische Dienstleistungen, FuE-Dienstleistungen, Unternehmensberatung, Werbung, Banken, Versicherungen, Medien) und den sonstigen Dienstleistungen (Großhandel, Transportgewerbe, Postdienste, Reinigung, Bewachung, Arbeitnehmerüberlassung, sonstige Unternehmensdienste, Entsorgung) befragt.

Ansprechpartner

Dr. Christian Rammer, Telefon: 0621/1235-184, E-Mail: rammer@zew.de