Für mehr Fachkräfte: Wohnraum und Kinderbetreuung forcieren

Kommentar

ZEW-Ökonom Martin Lange zur zweiten Phase des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes

„Die Politik muss die Infrastruktur in Ballungsräumen stärker ausbauen, damit die neuen Fachkräfte ausreichend bezahlbaren Wohnraum und eine gute Kinderbetreuung finden“, fordert ZEW-Ökonom Dr. Martin Lange in seinem Statement.

Am 1. März 2024 tritt die zweite Phase des erweiterten Fachkräfteeinwanderungsgesetzes in Kraft. Die Neuregelung schafft neue Möglichkeiten der Zuwanderung für Personen mit praktischer Berufserfahrung. Zudem tritt der sogenannte „Spurwechsel“ für geduldete Asylbewerber/innen in Kraft, die auf diesem Weg eine Aufenthaltserlaubnis beantragen können. Dr. Martin Lange, Leiter der Nachwuchsforschungsgruppe „IMES – Integration von Migranten/innen und Einstellungen zum Sozialstaat“ des Forschungsbereichs „Arbeitsmärkte und Sozialversicherungen“ am ZEW Mannheim erklärt dazu:

„Das Herzstück der Reform stellt einen Paradigmenwechsel in der Einwanderungspolitik dar. Personen aus Drittstaaten können in Deutschland unter bestimmten Bedingungen eine Beschäftigung aufnehmen, ohne vorher Qualifikationen anerkennen lassen zu müssen. Das spart Arbeitszeit in Ämtern und Nerven bei den zuwandernden Fachkräften. Allerdings gibt es hier immer noch Probleme: Um sich für diesen Zuwanderungsweg zu qualifizieren, besteht die Nachweispflicht eines unverhältnismäßig hohen Einkommens. Dies betrifft vor allem Sektoren ohne Tarifbindung und mit verhältnismäßig niedrigen Löhnen. Hier sollte die Bundesregierung nachbessern, um mehr Zuwanderung über diesen Kanal zu ermöglichen.

Eine andere zu begrüßende Änderung ist der sogenannte ‚Spurwechsel‘ für geduldete Asylbewerber/innen. Sie können in einen Aufenthaltstitel für Fachkräfte wechseln, wenn sie die geforderten Qualifikationen nachweisen können. Es ist essenziell, dieser Gruppe einen erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt mit einer Bleibeperspektive zu verschaffen, um ihr Arbeitskräftepotenzial dauerhaft zu nutzen.

Der große Wurf ist die Reform dennoch nicht, da die Einwanderung aus Drittstaaten viel attraktiver gestaltet werden müsste: Administrative Hürden und hohe Verdienstschwellen müssen abgebaut werden. Zudem muss die Politik die Infrastruktur in Ballungsräumen stärker ausbauen, damit die neuen Fachkräfte ausreichend bezahlbaren Wohnraum und eine gute Kinderbetreuung finden. Deutschland steht im internationalen Wettbewerb um gut ausgebildete Fachkräfte – ohne weitere Anstrengungen und einer besseren Willkommenskultur wird Deutschland sein Fachkräfteproblem nicht lösen.“