"EZB riskiert Vorwurf der Starrsinnigkeit"

Kommentar

Die EZB hat in ihrer ersten Sitzung nach der Sommerpause keine Änderungen an ihrer Zinspolitik vorgenommen.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat sich trotz wachsender ökonomischer und politischer Zuversicht in der Eurozone wieder nicht dazu durchgerungen, ihren geldpolitischen Ausblick zu verändern. Sie hat dabei sogar den Hinweis auf möglicherweise noch niedriger Leitzinsen beibehalten. Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Leiter des Forschungsbereichs "Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft" am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, kommentiert diese Entscheidung.

"Die EZB läuft zunehmend Gefahr, den richtigen Zeitpunkt für eine Änderung ihrer Kommunikation zu verpassen. Das sorgenvolle Wording des monatlichen Kommuniqués passt immer weniger zur stark verbesserten Datenlage.

Spätestens nach einer Bestätigung von Emmanuel Macron als französischem Präsidenten muss EZB-Präsident Mario Draghi endlich Farbe bekennen, wann und auf welche Weise der Ausstieg aus der extrem expansiven Geldpolitik beginnen soll. Sonst dürften ihm die EZB-Beobachter bald Starrsinn vorwerfen.

Anleihekäufe und Negativzinsen mögen der Konjunktur zwar helfen, ihre gefährlichen Nebenwirkungen für die Stabilität der Banken nehmen jedoch erkennbar zu. Auch sollte die EZB den Eindruck vermeiden, ihre Geldpolitik zu einseitig an den Interessen wenig reformbereiter Mitgliedstaaten zu orientieren."

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Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Telefon 0621/1235-149, E-Mail heinemann@zew.de