„Es braucht echte Strukturreformen“
KommentarZEW-Ökonom Simon Reif zu steigenden GKV-Kosten
Der Bundesrechnungshof hat in einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestags vor einem starken Anstieg der Zusatzbeiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gewarnt. Simon Reif, Leiter der Forschungsgruppe „Gesundheitsmärkte und Gesundheitspolitik“ am ZEW Mannheim und Professor an der Universität Erlangen-Nürnberg, kommentiert dazu:
„Das strukturelle Finanzierungsproblem der gesetzlichen Krankenversicherung ist seit längerem bekannt und verschärft sich zunehmend. Die Warnungen des Bundesrechnungshofs vor steigenden Zusatzbeiträgen in der GKV sind berechtigt und kommen nicht überraschend.
Viele bisherige Lösungsansätze konzentrierten sich auf Umverteilungen zwischen öffentlichen Haushalten, etwa durch eine Reduzierung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel oder eine angemessenere Abdeckung der Gesundheitsausgaben für Menschen mit Bürgergeldbezug. Solche Maßnahmen sind in Zeiten der gelockerten Schuldenbremse vergleichsweise einfach umzusetzen, lösen das Grundproblem des teuren deutschen Gesundheitssystems aber nicht. Deutschland hat im EU-Vergleich die höchsten Gesundheitsausgaben pro Kopf, entsprechend müssen echte Strukturreformen an der Ausgabenseite ansetzen.
Reformen auf der Ausgabenseite bedeuten, dass Krankenhäuser, Arztpraxen und Pharmaunternehmen weniger zusätzliches Geld bekommen. Solche Reformen sind politisch unpopulär, entsprechend ist es ein wichtiges Signal, dass immerhin der Bundesrechnungshof in seiner Stellungnahme Reformen in diese Richtung anmahnt. Die Finanzprobleme der GKV werden sich systemisch weder durch weiteres Ignorieren noch durch einen Ruf nach mehr Steuergeldern lösen lassen.“