Ein Aufschub der Zinswende auf unbestimmte Zeit

Kommentar

Prof. Dr. Friedrich Heinemann leitet den ZEW-Forschungsbereich „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft".

Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat den Zinsausblick geändert und den Zeitpunkt für eine mögliche erste Zinserhöhung auf Anfang 2020 verschoben. Außerdem hat der Rat eine Neuauflage des langfristigen Liquiditätsinstruments ("targeted longer-term refinancing operations", TLTRO) für Banken beschlossen. Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Leiter des Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft" am ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim, nimmt dazu Stellung.

„Die EZB hat heute aktenkundig gemacht, was sich in den vergangenen Monaten bereits abgezeichnet hat. Die Zinswende wird zunächst einmal vom Herbst 2019 auf Anfang 2020 verschoben. De facto handelt es sich jedoch eher um einen Aufschub auf unbestimmte Zeit. Angesichts hoher ökonomischer Risiken und wachsender fiskalischer Unvernunft in wichtigen Hauptstädten der Eurozone ist die EZB nicht mehr frei in ihren Entscheidungen. Die Eurozone ist auf dem Weg in ein ungesundes Szenario der fiskalischen Dominanz. Die Geldpolitik muss dabei die Zinsen niedrig halten, um den Schaden einer unverantwortlichen Fiskalpolitik und fehlender nationaler Reformen für das Wachstum zu begrenzen.

Leider hat die EZB auch erneut zum problematischen Instrument sehr langfristiger Kredite für Europas Banken gegriffen. Damit erhärtet sich die Vermutung, dass im Zentralbankrat eine große Sorgen um die Überlebensfähigkeit von Kreditinstituten in Südeuropa besteht. Dieses Handeln nährt außerdem den Verdacht, dass die EZB nicht nur Geldpolitik für die Eurozone, sondern auch Bankenrettungspolitik für einzelne nationale Märkte betreibt.“

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Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Telefon 0621/1235-149, E-Mail friedrich.heinemann@zew.de