Die EU-Agrarzahlungen sind ein Anachronismus

Kommentar

Die Landwirtschaftsminister Deutschlands und Frankreichs haben sich gegen Kürzungen der europäischen Agrarausgaben ausgesprochen. Das Agrarbudget der Europäischen Union soll demnach auf dem bisherigen Niveau erhalten bleiben. Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, hat in gemeinsamen Studien mit der Bertelsmann Stiftung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) einen nur geringen europäischen Nutzen bescheinigt und eine starke Umschichtung in andere Politikfelder empfohlen. Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Leiter des ZEW-Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“, kritisiert die jüngste deutsch-französische Stellungnahme.

„Die deutsch-französische Erklärung zur GAP ist eine herbe Enttäuschung für alle EU-Reformer. Dass heute noch immer jährlich mit gut 50 Milliarden Euro fast 40 Prozent des EU-Haushalts in die Landwirtschaft fließen, ist ein Anachronismus und nicht mehr zeitgemäß. Die Argumente der Landwirtschaftsminister zur Beibehaltung dieses Subventionsniveaus sind nicht überzeugend.

Die Einkommensbeihilfen an die Landwirte haben mit ihrer Begünstigung großer Landbesitzer problematische Verteilungswirkungen. Zudem leisten die Subventionen weder einen nennenswerten Beitrag zur Versorgungssicherheit noch zu einer umweltgerechteren Produktionsweise. Der Europäische Rechnungshof hat zuletzt deutlich gemacht, dass die ökologischen Auflagen, die an die Zahlungen geknüpft sind, weitgehend wirkungslos bleiben und hohe Mitnahmeeffekte auslösen. Dass ausgerechnet die deutsche Landwirtschaftsministerin sich so entschlossen in das Lager der Besitzstandswahrer schlägt, ist somit schwer zu verstehen.

Wenn es nicht gelingt, den Agraranteil im EU-Haushalt zu reduzieren, dann wird das Brüsseler Budget weiterhin landwirtschaftliche Lobbies befriedigen, anstatt europäischen Mehrwert zu schaffen. Die Bundesregierung argumentiert widersprüchlich, wenn sie eine europäische Lösung für die Asylpolitik einfordert, gleichzeitig aber 300 Milliarden Euro im nächsten Finanzrahmen für die Subventionierung nicht selten sehr wohlhabender Landwirte verteidigt. Deutsche Politiker sollten die Europäische Kommission besser dafür kritisieren, dass sie keine mutigeren Kürzungen der Agrarpolitik vorsieht. Das wäre ein richtungsweisender Beitrag zur Verhandlung über den EU-Haushalt.“

Die Studien in englischer Sprache finden sich hier und hier zum Download.

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Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Telefon 0621/1235-149, E-Mail friedrich.heinemann@zew.de