Arbeitgeberpräsident Hundt am ZEW: Geplante Neuregelung der Betriebsverfassung untergräbt Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen

Forschung

Das Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit hat zu tarifpolitischer Mäßigung und zur Zurückweisung hoher Ansprüche à la "Rente mit 60" beigetragen und durchaus zur Besserung am Arbeitsmarkt beigetragen. Doch statt weiterer Deregulierung zur Beseitigung nach wie vor bestehender Beschäftigungshemmnisse plane die Bundesregierung nun Gesetze, die dem Arbeitsmarkt neue Fesseln anlegten. Diese Meinung vertrat Dr. Dieter Hundt, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e.V. (BDA), bei einem Vortrag am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim.

Vor allem die Verschärfung des Betriebsverfassungsgesetzes lasse bei den Unternehmen die Alarmglocken schrillen. Statt mehr Flexibilisierung, Beschleunigung und Deregulierung der Betriebsverfassung drohten mehr Regulierung, Bürokratisierung und betriebliche Einengung mit neuen gesetzlichen Zwängen. Hundt vertrat die Ansicht, dass Betriebsratswahlen auf demokratischer Grundlage erfolgen müssten und der Belegschaft nicht gegen deren Willen aufgezwungen werden dürften. Weiterhin äußerte er grundsätzliche Bedenken der Wirtschaft gegen jede Ausdehnung und Erweiterung der Mitbestimmung. Deutschland habe bereits heute das international höchste Niveau an Mitbestimmung. Die Mitbestimmung auszudehnen, insbesondere bei der Änderung von Arbeitsabläufen und der Arbeitsorganisation, würde die deutsche Wirtschaft im internationalen Wettbewerb schwächen. Des Weiteren dürfe, so Hundt, die Betriebsverfassung nicht bürokratischer, schwerfälliger und auch nicht teurer werden. Es müssten vielmehr unternehmerische Entscheidungsmöglichkeiten gestärkt und der Gestaltungsraum der Betriebsparteien erweitert werden. Die BDA habe dem Bündnis deshalb vorgeschlagen, das Thema "Betriebsverfassungsgesetz" auf die Tagesordnung des Bündnisses zu setzen.

Auch die Gesetzesvorhaben bei befristeten Beschäftigungsverhältnissen und Teilzeit versiegeln nach Meinung Hundts den bereits dicht regulierten deutschen Arbeitsmarkt weiter. Die vorgesehenen Beschränkungen bei den befristeten Beschäftigungsverhältnissen seien ein beschäftigungsfeindliches Instrument, und vor allem der Rechtsanspruch der Arbeitnehmer auf jederzeitige Verringerung des vertraglich festgelegten Arbeitszeitvolumens sei schädlich. Dies gelte auch für die Einschränkung der Möglichkeiten zum Abschluss von befristeten Arbeitsverhältnissen. Dadurch würden die notwendigen personalpolitischen Handlungsspielräume der Unternehmen eingeschränkt. Sie verhinderten die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen und würden die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen durch erhebliche Zusatzkosten untergraben, so Hundt. Ebenso werde sich die geplante Verpflichtung zur Ausschreibung von Stellen sowohl als Vollzeit- als auch als Teilzeitstelle zu einem Hemmnis für neue Arbeitsplätze entwickeln.

Bei der Tarifpolitik, so Hundt, habe das Bündnis dazu beigetragen, die Arbeitslosigkeit abzubauen. Die meisten Abschlüsse in den Branchen in diesem Jahr lägen unterhalb der gesamtwirtschaftlichen Produktivitätssteigerung, seien längerfristig und vor allem beschäftigungsorientiert. Die Lohnstückkosten würden im Jahr 2000 spürbar sinken, der konjunkturelle Aufschwung werde unterstützt und Planungssicherheit für die Betriebe geschaffen.

In Zukunft müsse der tarifpolitische Modernisierungskurs fortgesetzt werden, sagte Hundt. Vor allem seien mehr branchen- und spartenspezifische Differenzierungen anzustreben. Auch müsse der Kurs der beschäftigungsorientierten und längerfristigen Lohnpolitik im Jahr 2002 fortgesetzt werden. Last but not least müsse die Reform der Branchentarifverträge vorankommen. Hier sollten betriebs- und praxisnahe Regelungen ausgebaut werden.

Die Bildungspolitik habe das Bündnis aus Sicht Hundts bislang vernachlässigt. Das deutsche Bildungssystem bilde nur noch zweitklassig aus. Zu viele Schulen und Hochschulen böten Mittelmaß und schlechten Durchschnitt. Die Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft hänge jedoch wesentlich auch von einer hervorragenden Bildung und Ausbildung ab. Insbesondere im Hinblick auf den herrschenden Fachkräftemangel dürfe die Bundesregierung nicht länger die Hände in den Schoß legen.

Hundt betonte, dass das Bündnis eine wichtige Einrichtung bleiben werde, in dem insbesondere für den Arbeitsmarkt wichtige Themen besprochen werden müssten. Dazu gehörten die schon begonnene Arbeitszeitflexibilisierung mit Lebensarbeitszeit- und Jahresarbeitszeitkonten, flexible, leistungsorientierte Lohnstrukturen und Bildung.

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Katrin Voss, E-Mail: voss@zew.de