#ZEWPodcast: Welches Marktdesign braucht die Energiewende?

#ZEWPodcast

Marion Ott zu Gast im ZEW-Podcast

Die Energiewende steht ganz oben auf der politischen Agenda. Stand jetzt ist es aber mehr als ungewiss, ob die Politik auch ihre ambitionierten Ausbauziele erreicht. Auf der Angebotsseite, aber auch beim Netzausbau klaffen Anspruch und Wirklichkeit aktuell jedenfalls auseinander. Wie schafft es die Politik künftig also, Anreize zu setzen, damit der Wandel gelingt? Und was passiert ganz grundsätzlich, wenn zwar genügend erneuerbare Energien vorhanden sind, es aber am Netz fehlt? In der aktuellen Folge des ZEW-Podcast liefert Marktdesignexpertin Marion Ott Antworten und spricht darüber, wie der Energiemarkt von morgen aussehen könnte.

Podigee

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt nachzuladen. (Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.)

Um mit der Energiewende voranzukommen, braucht es Windkraftanlagen – und eine entsprechende finanzielle Förderung für die Anbieter. Aktuell fördert der Bund den Ausbau durch Auktionen, in denen der Anbieter mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis den Zuschlag erhält, erklärt Dr. Marion Ott im ZEW-Podcast: „In diesen Auktionen wird eine bestimmte zu installierende Kapazität ausgeschrieben und die Erzeuger, die Windanlagen oder Solaranlagen bauen möchten, geben ihre Gebote ab, die aussagen, welchen Fördersatz sie verlangen“, so die Wissenschaftlerin. „Die Gebote mit den niedrigsten Fördersätzen erhalten dann den Zuschlag.“ Dieses wettbewerbliche Verfahren soll sicherstellen, dass der Bund seine Ausbauziele erreicht und gleichzeitig die Anbieter nicht überkompensiert. Doch für Anbieter sei die Teilnahme an solchen Ausschreibungen oft nicht attraktiv. Aus Studien ergeben sich dafür unterschiedliche Gründe: Genehmigungsverfahren seien unsicher und langwierig, es mangele an Bauland und selbst nach Erteilung des Zuschlages können den Unternehmen noch Gerichtsverfahren drohen, sagt die ZEW-Ökonomin im Podcast. In der Folge werde in Ausschreibungsrunden häufig weniger Kapazität angeboten als ausgeschrieben. Dadurch mangele es an Wettbewerb, alle angebotenen Projekte erhielten einen Zuschlag und der Ausbau der erneuerbaren Energien werde teurer. Im Podcast lehnt Ott einen auch auf EU-Ebene diskutierten Lösungsweg ab – die endogene Rationierung. Indem im Ausschreibungsverfahren bei zu wenigen Angeboten nur noch ein Teil der Gebote einen Zuschlag erhalte – etwa die niedrigsten 80 Prozent – würde der Preissteigerungseffekt verhindert, so die Idee. Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass dieser Ansatz keine Lösung für das ursprüngliche Problem des geringen Wettbewerbs bietet: Relativ schwache Bieter hätten keine Chance mehr, den Zuschlag zu erhalten, und blieben daher der Auktion fern. Diese Logik übertrüge sich dann auch auf die nächstschwächeren Bieter, sodass die Teilnahme an der Auktion noch weiter sinken würde. Durch diesen Dominoeffekt würde laut ZEW-Wissenschaftlerin Ott das „Problem des mangelnden Wettbewerbs nur verschärft“.

Es mangelt an Netzkapazitäten

Wo Erneuerbare-Energien-Anlagen gebaut werden, richtet sich nach meteorologischen und landschaftlichen Gegebenheiten, da sie z. B. auf Wind oder Sonnenschein angewiesen sind. Windanlagen befinden sich meist im Norden an der Küste oder auf See und damit in größerer Distanz zu den industriellen Verbrauchern im Süden. Bei fossilem Strom sei das nicht der Fall, Kohle- und Atomkraftwerke fänden sich überall im Land. Die Energiewende mache es deshalb notwendig, den Netzausbau schnell voranzutreiben, um den Strom vom Norden in den Süden zu bekommen: „Wir müssen mehr Strom durch die Netze transportieren“, sagt Ott. Aktuell sei aber nicht genügend Netzkapazität vorhanden. Laut Ott die häufige Folge: Erneuerbarer Strom sei zwar vorhanden, könne aber aufgrund mangelnder Netzkapazitäten nicht genutzt werden, da er nicht zum Verbraucher transportiert werden könne.

Deutlich werde dieses Problem, wenn man sich die Funktionsweise des Energiemarktes klarmache: Auf sog. Day-Ahead-Märkten werden Angebot und Nachfrage von Strom für den jeweils folgenden Tag aufeinander abgestimmt. So „wird für Deutschland zu einem einheitlichen Preis Strom gehandelt, egal an welchem Ort er erzeugt und nachgefragt wird.“ In den letzten Jahren mussten aber häufig aufgrund mangelnder Netzkapazitäten nicht bezuschlagte Kraftwerke als Ersatz für die eigentlich bezuschlagten Anlagen aktiviert werden. Um die Erforderlichkeit dieser Redispatch-Maßnahmen zu mindern, wird in Europa derzeit eine Bidding Zone Review durchgeführt. Die Idee ist, die europäischen Gebotszonen so zuzuschneiden, dass sie sich an den strukturellen Engpässen im Übertragungsnetz orientieren. Deutschland, das bislang eine einzige Gebotszone darstellt, könnte – angesichts des eingangs erwähnten Angebot- und Nachfragegefälles – etwa in eine nördliche und eine südliche Gebotszone aufgeteilt werden. Eine flexiblere Lösung als die Einführung neuer kleinerer, aber statischer Gebotszonen wäre die Einführung eines Day-Ahead-Strommarktes mit so genannten Knotenpreisen, der bei der Abstimmung von Angebot und Nachfrage in jeder Handelsperiode die Netzbeschränkungen berücksichtigt.