#ZEWPodcast: Welche Bedeutung hat Chancengleichheit für Wirtschaftswachstum?

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Guido Neidhöfer zu Gast im ZEW-Podcast

Chancengleichheit ist ein wichtiger Faktor für die Stabilität von Demokratien. Aber auch der wirtschaftliche Wohlstand einer Gesellschaft wird von gerechten Chancen für alle darin lebenden Menschen beeinflusst. Es beginnt bereits im Kindesalter, mit einem chancengerechten Zugang zu Bildung. In der Praxis bestimmt häufig das Elternhaus die Bildungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen. Dabei können gleiche Bildungschancen für alle eine Volkswirtschaft effizienter machen. Aber wie kann mehr Chancengleichheit in Deutschland erreicht werden? Arbeitsmarkt- und Bildungsökonom Guido Neidhöfer macht dazu im ZEW-Podcast Vorschläge.

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„Gerecht wäre es, Bemühung zu entlohnen – denn das schafft Anreize und erhöht die Effizienz“, erklärt Dr. Guido Neidhöfer, Wissenschaftler im ZEW-Forschungsbereich „Arbeitsmärkte und Sozialversicherung“. Ungleichheiten entstünden allerdings nicht nur wegen unterschiedlicher Bemühungen, sondern auch aufgrund von äußeren Umständen wie Hautfarbe, Geschlecht oder Wohnort. Chancengleichheit zu erreichen bedeute demzufolge Ungleichheiten zu beseitigen, die durch vom Menschen selbst nicht verursachte Umstände entstanden sind, sodass individuelle Bemühungen gerecht belohnt würden.

Laut Neidhöfer ist das Thema Chancengleichheit für die Wirtschaftsforschung besonders auf den Ebenen Effizienz und Gerechtigkeit interessant. Oft stünden Effizienz und Gerechtigkeit in einem Zielkonflikt zueinander. Die Politik müsse Maßnahmen abwägen und entscheiden, was sie einerseits bereit ist, aufzugeben, um andere Aspekte zu stärken. „Ein Beispiel dafür sind Steuern. Der Staat muss Steuern erheben, um Einkommen umzuverteilen oder auch den öffentlichen Sektor funktionstüchtig zu halten. Aber zu hohe Steuern führen zu negativen Anreizbedingungen, das heißt bei zu hohen Steuern arbeiten und investieren Menschen teilweise weniger, als es effizient wäre“, erläutert Neidhöfer.

Vom Profi-Fußball und dem deutschen Bildungssystem

„Wenn Talente nicht gefördert werden, dann können sie ihre Fähigkeiten nicht zur Geltung bringen“, sagt Neidhöfer. Als Beispiel führt er den Profi-Fußball heran, der Talente wie Messi, Mbappé oder Maradona trotz prekärer Lebensumstände groß gemacht habe, weil Vereine frühzeitig in sie investiert hätten. „Fußball ist damit ein gutes Gegenbeispiel von dem, was zum Beispiel in unserem Bildungssystem stattfindet“, stellt der Arbeitsmarktökonom fest. So hätten 67 Prozent der Kinder, die das Gymnasium besuchen, Eltern, die ebenfalls das Abitur besitzen und lediglich 6 Prozent hätten Eltern mit Hauptschulabschluss. Auf Hauptschulen wiederum beliefe sich der Anteil an Eltern mit Hauptschulabschluss auf 42 Prozent. „Wenn potenzielle Einsteins auch in Haushalten geboren werden können, die bildungsfern sind, dann sind die Statistiken auf jeden Fall weit davon entfernt, was man als Chancengleichheit definieren würde“, fügt Neidhöfer hinzu.

In der Corona-Pandemie gerät Chancengleichheit unter Druck

„Schulschließungen wirken sich natürlich darauf aus, dass die Schüler nicht mehr einen Großteil des Tages in dem gleichen Lernumfeld sind, sondern im Umfeld der Familie. Und wir wissen, dass das Umfeld der Familie unterschiedlich sein kann und es in manchen Umfeldern schwieriger für Kinder sein kann zu lernen“, erklärt Neidhöfer. Benachteiligte Kinder seien überproportional stark von den Schulschließungen betroffen gewesen, weil sie zu Hause wenig Platz und schlechte Zugänge zu Medien und Lernmaterial hätten. Aus diesem Grund sei das Aufholpaket der Bundesregierung ein wichtiger Schritt zur Förderung benachteiligter Kinder gewesen, der allerdings nicht weit genug ginge. „Wenn ich zum Beispiel als Entscheidungsträger 10 Euro hätte, dann würde ich diese 10 Euro in benachteiligte Kinder investieren. Damit auch dort das Geld ankommt, wo es tatsächlich gebraucht wird“, betont Neidhöfer.