Konjunkturexperten/-innen erwarten größere Resilienz für das Eurogebiet

Die Medianprognose zeigt ein Wachstum des realen BIPs für Deutschland von minus 0,7 Prozent auf minus 0,5 Prozent.

Die Expertinnen und Experten für Konjunktur sind weniger pessimistisch für das Wachstum des realen Bruttoinlandprodukts (BIP) in Deutschland und dem Eurogebiet, die Prognosen sind weniger negativ. Dabei erholt sich der Wert für das Eurogebiet etwas mehr. Das zeigen die Konjunkturtableaus von ZEW Mannheim und Börsen-Zeitung, die dort am 13. Januar 2023 erschienen sind.

Die Prognosen für das Wirtschaftswachstum in Deutschland werden etwas optimistischer – oder eher weniger pessimistisch – eingeschätzt als im Vormonat. Für 2023 steigt die Medianprognose für das Wachstum des realen BIP von minus 0,7 Prozent auf minus 0,5 Prozent. Das ist jedoch keine große Veränderung. Die Bandbreite der Prognosen, also der Differenz zwischen der niedrigsten und der höchsten BIP-Prognose, zeigt ebenfalls, dass sich die erwarteten Veränderungen des realen BIP weniger stark im negativen Bereich befinden. Während diese Bandbreite vor einem Monat noch bei minus 3,5 bis 0,3 Prozent lag, befindet sie sich Anfang Januar bei minus 1,9 bis 1,8 Prozent. Die mögliche Stärke von negativen Überraschungen beim Wirtschaftswachstum hat in den Erwartungen der Expertinnen und Experten somit abgenommen. Für 2024 ist die Medianprognose wieder positiv und beträgt 1,3 Prozent. Die Bandbreite der Prognosen von minus 0,6 bis 2,0 Prozent zeigt, dass vor allem der negative Prognosebereich gegenüber den Werten für 2023 deutlich kleiner geworden ist.

Wirtschaft des Eurogebiets widerstandsfähiger bewertet

Das Eurogbiet schneidet bei den Prognosen für das reale BIP besser ab als Deutschland.

Die Prognosen für das reale BIP des Eurogebiets sind insgesamt etwas höher als die für Deutschland. Mit 0,4 Prozent liegt die Medianprognose für 2023 um 0,2 Prozentpunkte höher als im Dezember. Es fällt auf, dass die Bandbreite der Prognosen mit minus 1,0 bis 3,3 Prozent deutlich höher liegt als die für Deutschland. Insgesamt wird das konjunkturelle Rückschlagpotenzial für die Wirtschaft des Eurogebiets damit geringer eingeschätzt als für die deutsche Wirtschaft. Für 2024 liegt die Medianprognose mit 1,2 Prozent fast gleichauf mit der für Deutschland, der geringste Prognosewert ist mit 0,3 Prozent für das Eurogebiet jedoch wesentlich höher als für Deutschland (minus 0,6 Prozent). Auch hierin drückt sich eine größere erwartete Resilienz der Wirtschaft des Eurogebiets aus.

Rückgang der Inflation nicht in Prognosen für 2023 bemerkbar

Die Inflation ist im Dezember 2022 gegenüber dem Vormonat deutlich gesunken. So betrug die Inflation in Deutschland im Dezember 8,6 Prozent und lag damit um 1,4 Prozentpunkte unter dem Novemberwert. Für das Eurogebiet liegen diese Werte bei 9,2 Prozent (Dezember) und 10,0 Prozent (November). In den Prognosen für 2023 hat sich dieser Rückgang jedoch nicht bemerkbar gemacht. Ganz im Gegenteil: die Medianprognosen liegen im Januar mit 7,0 Prozent für Deutschland und 6,6 Prozent für das Eurogebiet leicht höher als im Dezember. Ein Rückgang auf Werte die näher an der Zielmarke der Europäischen Zentralbank (EZB) liegen, wird erst für 2024 erwartet. Die Inflationsprognosen liegen für 2024 bei 3,5 Prozent für Deutschland und 3,4 Prozent für das Eurogebiet. Entsprechend sehen die Expertinnen und Experten 2024 die 3-Monatszinsen mit 3,2 Prozent (Median) nur unwesentlich über dem Wert von 3,0 Prozent, der für 2023 prognostiziert wird. Eine weitere signifikante Verschärfung der Geldpolitik der EZB wird somit nicht prognostiziert.

Rückgang der langfristigen Zinsen erwartet

Die langfristigen Zinsen sollen 2024 gegenüber 2023 jedoch zurückgehen, so dass als Folge die Steigung der Zinsstrukturkurve noch stärker im inversen Bereich liegen dürfte und Ende 2024 einen Wert von minus 120 Basispunkten erreichen soll.

Konjunkturtableaus von ZEW und Börsen-Zeitung

In Kooperation mit der Börsen-Zeitung veröffentlicht das ZEW seit dem Jahr 2013 monatlich Konjunkturtableaus für Deutschland und die Eurozone mit volkswirtschaftlichen Kennzahlen und Prognosen. Zahlreiche Banken und Institute veröffentlichen in unterschiedlichen Abständen Berichte über die aktuelle und voraussichtliche wirtschaftliche Lage. Aus diesen Publikationen werden die für das Tableau relevanten Informationen herausgefiltert und der Median, das Minimum und das Maximum aus den Prognosen für das jeweils laufende und dessen Folgejahr berechnet.

Die monatlich veröffentlichten Konjunkturtableaus zeigen die aktuellen Prognosen für das Bruttoinlandsprodukt (BIP), die Verwendungskomponenten des BIP, Verbraucherpreise, Industrieproduktion, Arbeitslosenquote und lang- und kurzfristige Zinsen sowie Zinsdifferenzen. Der Fokus liegt auf nationalen Informationsquellen, allerdings ergänzen die Prognosen einiger internationaler Banken und Institute die Datenbasis des Tableaus. Das Tableau für den Euroraum wird zudem noch mit Daten von europäischen Banken und Instituten erweitert.

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