Podiumsdiskussion zu Gewinnern und Verlierern der Klimapolitik beim COP21-Klimagipfel in Paris

Forschung

ZEW-Podiumsdiskussion im Rahmen von COP21

Ein neues Klimaabkommen sorgt für hitzige Diskussionen beim UN-Klimagipfel (COP21) in Paris. Mehr als 40.000 Personen nehmen an der Konferenz teil, darunter hochrangige Verhandlungsführer sowie Vertreterinnen und Vertreter aus den Bereichen Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Im Rahmen von COP21 haben das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gemeinsam eine Podiumsdiskussion mit Rednern aus Forschung und Politik ausgerichtet. Moderiert wurde die Debatte von ZEW-Ökonomin Dr. Katrin Sommerfeld und eröffnet von Professor René Haak vom BMBF. In der gut besuchten Veranstaltung stand folgende Frage zur Diskussion: Wer sind die Gewinner und wer die Verlierer klimapolitischer Maßnahmen?

Klimapolitik hat spürbare Effekte auf die Wirtschaft, was von erheblicher Bedeutung für die optimale Konstruktion von Maßnahmen ist. Die Klimaschutzpolitik kann Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit negativ beeinträchtigen. Allerdings können infolge umweltpolitischer Entscheidungen auch grüne Innovationen angeregt werden, was sich wiederum positiv auf die Wirtschaft auswirkt. Das Ziel der Podiumsdiskussion beim COP21-Side Event war es, den Zusammenhang zwischen Klimapolitik, Wettbewerbsfähigkeit und Innovationen auszuleuchten – mit einem Schwerpunkt auf Deutschland, einem globalen Vorreiter auf den Gebieten Klimapolitik und grüne Technologie.

Klimapolitische Maßnahmen ohne Auswirkung

Dr. Oliver Schenker, kommissarischer Leiter des Forschungsbereiches „Umwelt- und Ressourcenökonomik, Umweltmanagement" am ZEW, argumentierte im Rahmen der Diskussion, dass klimapolitische Maßnahmen eine Wirkung haben müssten, die den finanziellen Mitteleinsatz rechtfertige. Das Verständnis der Verteilung von Kosten und Nutzen einer Maßnahme sei daher essentiell. Schenker zeigte sich überzeugt, dass die Diskussion über Wettbewerbsfähigkeit sich in Zukunft von einem Argument gegen Klimapolitik in Richtung einer Auseinandersetzung über kluge und effiziente Maßnahmen entwickeln werde. Hierzu verwies er auf aktuelle Forschungsergebnisse, wonach der EU-Emissionshandel (EU ETS) nahezu keinen messbaren Effekt auf die Wettbewerbsfähigkeit hatte.

In seinem Beitrag erklärte Dr. Florens Flues von der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung), dass die meisten empirischen Studien durchaus eine Verringerung des CO2-Ausstoßes durch die Bepreisung von Emissionen bestätigen. Messbare Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit seien jedoch nicht festgestellt worden. Insgesamt beeinträchtige der Emissionshandel die Wettbewerbsfähigkeit zwar nicht, zumal vor dem Hintergrund des aktuellen Preisniveaus von CO2-Zertifikaten. Dennoch bestehe die Notwendigkeit stärker disaggregierter Untersuchungen, z.B. auf Firmen- oder Branchenebene.

Ingmar Jürgens von der Vertretung der europäischen Kommission in Deutschland argumentierte in ähnlicher Weise. Er wies darauf hin, dass sich spezielle Vorsorgemaßnahmen für Branchen, die vom Risiko der Abwanderung in Standorte ohne CO2-Beschränkungen („Carbon Leakage") besonders betroffen sind, als sehr effektive Instrumente gezeigt haben, um eine ambitionierte Klimapolitik mit erfolgreicher Industriepolitik zu verbinden. Dennoch sind laut Jürgens weitere Ex-post-Analysen vonnöten.

Professor Joachim Schleich von der Grenoble École de Management (GEM) und dem Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) nahm eine andere Perspektive ein und gab einen kurzen Überblick über die Auswirkungen von Klimapolitik auf Innovationen. Er führte aus, dass Innovationen unverzichtbar seien, um durch klimapolitische Maßnahmen neue Arbeitsplätze und Export-Möglichkeiten zu schaffen. Allerdings seien nationale Vorteile in einer globalisierten Welt möglicherweise nur von vorübergehender Natur.

Keine Gewinner, aber auch keine Verlierer ermittelt

Klimapolitische Maßnahmen stehen oft im Verdacht, Wettbewerbsfähigkeit und Innovationstätigkeit zu beeinträchtigen. Das Podium eröffnete eine sowohl für die Referierenden als auch das Publikum interessante Diskussion über aktuelle Forschungsergebnisse zu diesem Thema. Es liegen einige durchaus interessante Studien vor, die darauf hinweisen, dass die ökonomischen Auswirkungen klimapolitischer Maßnahmen gleich null sind – weitere Forschung ist jedoch vonnöten. So könnte z.B. der Effekt auf Beschäftigung noch näher untersucht werden. Auch zu der Frage, über welche Kanäle mögliche Effekte zum Tragen kommen, besteht weiterer Forschungsbedarf. Folglich ist es umso wichtiger, die Forschung auf diesem Gebiet voranzutreiben. Gleichzeitig sollten Entscheiderinnen und Entscheider eine ambitionierte und entschlossene Klimapolitik verfolgen.

Der Forschungsbereich „Umwelt- und Ressourcenökonomik, Umweltmanagement" des ZEW hat diverse Analysen zu den Themen durchgeführt , die auf diesem COP21-Side Event diskutiert wurden. Diese Arbeit wird auch in Zukunft fortgesetzt werden. Die Forschungsergebnisse wurden publiziert in Veröffentlichungen wie The Road to Paris: Towards a Fair and Effective Climate Agreement?, ZEW policy brief Nr. 15-05, und The Effect of Electricity Taxation on the German Manufacturing Sector: A Regression Discontinuity Approach, ZEW Discussion Paper Nr. 15-013. Ebenfalls von großer Bedeutung ist das Projekt „Integrated Assessment of a Green Transformation: An Assessment of Economic, Social, and Technological Transformation Pathways" (InTrans).

Kontakt

Dr. Katrin Sommerfeld, Tel:  +49 (0)621 1235-216, E-Mail: sommerfeld@zew.de