Mögliche Einspareffekte, das Wetter und Risikofaktoren beeinflussen die Gasversorgung

ZEW-Präsident Prof. Achim Wambach, PhD, und Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, diskutierten darüber, wie es um die Gasversorgung in Deutschland steht.

Als Folge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine verringerten sich die Gaslieferungen Russlands nach Deutschland ab dem Frühling 2022 erheblich. Die Wirtschaft, Politik sowie Privathaushalte befürchteten eine Gasmangellage und die Bundesnetzagentur bereitete sich auf mögliche Gasrationierungen vor. Zum Worst Case kam es glücklicherweise nicht. Doch wird das auch in Zukunft so bleiben? Zum Thema „Geht Deutschland das Gas aus? Energieversorgung in Krisenzeiten“ diskutierten Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, und ZEW-Präsident Achim Wambach im Rahmen des Digitalformats #ZEWlive am 15. Februar 2023.

„Die Gaspreise haben sich beruhigt. Geben Sie Entwarnung?“ stellte Wambach gleich zu Anfang die Gretchenfrage. Dieser gibt aktuell Entwarnung. „Wir sind optimistisch, dass wir im Winter 2022/23 keine Gasmangellage mehr haben werden. Das ist auch rein rechnerisch nicht mehr möglich, da die Gasspeicher aktuell zu 73 Prozent gefüllt sind, während sie zum selben Zeitpunkt im Vorjahr mit 33 Prozent gefüllt waren. Für den Winter 2023/24 wage ich keine Prognose. Dass Europa aktuell keine Gasmangellage erlebte, verdanken wir dem milden Winter. Sobald er durchschnittlich oder kälter wird, sieht das sofort anders aus.“

Zudem weist Müller auf das Präventionsparadox hin. Es kann sein, dass viele Menschen im nächsten Winter keine Sparnotwendigkeit mehr sehen, da es in diesem ja auch klappt. Ein weiterer Punkt ist die kritische Infrastruktur, die sehr empfindlich ist, was nach den Anschlägen an Nordstream 1 und 2 allen klar ist. „Es bleibt die Frage nach Einspareffekten, dem Wetter und Risikofaktoren. Das sind die Dinge warum derzeit keine Rede von Optimismus für den Winter 2023/24 sein kann“, so Müllers derzeitige Sicht.

Gut gerüstet mit nachhaltigen LNG-Terminals

„Sind wir mit den LNG-Terminals gut gerüstet?“, ist ein weiterer Aspekt, den Wambach interessiert. Laut Müller helfen diese dem Markt und zur Verwunderung vieler Akteure „gibt es seit Januar sogar ein LNG-Terminal in Lubmin, das nicht von der Bundesregierung gechartert wurde. Touché! Hier hat der Markt funktioniert.“ Zudem sind diese auch nachhaltig nutzbar, fügt Müller hinzu: „Die LNG-Terminals sind <Wasserstoff-ready> konzipiert. Jetzt brauchen Unternehmen noch fossiles Gas, aber sie fragen auch schon nach Wasserstoff für die Zukunft.“

Eine Herausforderung bleibt dennoch. Das Gas muss von der Küste ins Land und vor allem von Nord nach Süd geleitet werden. „Hier ist es unsere Aufgabe als Bundesnetzagentur, das Gasnetz zu ermöglichen“, so Müller. Im Zuge der Nationalen Wasserstoffstrategie des Bundes für die Erzeugung, Nutzung sowie den Transport von Wasserstoff gibt es 62 deutsche Großvorhaben die vom Bundeswirtschaftsministerium mit 33 Milliarden Euro Investitionsvolumen gefördert werden.

Aufgrund von Dunkelflauten ist „auch in einer klimaneutralen Energieerzeugung die Speicherung das A und O der Energieversorgung. Die Bundesnetzagentur wird bis 2026 4,4 Gigawatt Leistung an Wasserstoffkraftwerken ausschreiben.“ Diese fungieren als sogenannte Sprinter (Kurzzeitspeicher). Die Frage, ob es zu viele LNG-Terminals gibt, verwundert Müller. Bis Ende des Jahres werden voraussichtlich sechs Terminals bereitstehen. Deutschland hat nicht nur eine Transitfunktion, sondern muss auch einen kalten Winter überstehen können. Überkapazitäten sieht er keine.

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