Alphabet, der Mutterkonzern von Google, ist ein beeindruckendes Unternehmen. Mit einer Marktkapitalisierung von aktuell um die 837 Milliarden US-Dollar zählt es zu den drei wertvollsten Firmen weltweit. Außer Amazon an der Spitze gibt kein anderes Unternehmen so viel Geld wie Alphabet für Forschung und Entwicklung (FuE) aus: Im Jahr 2017 ­waren es 14 Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich: Die FuE-Aufwendungen von Volkswagen im selben Jahr betrugen zwölf Milliarden US-Dollar. Und während bis vor zehn Jahren die besten Absolventen/-innen der Eliteuniversitäten die Wall Street als Arbeitgeber suchten, machen sie sich jetzt auf den Weg ins Silicon Valley – mit Google als erster Adresse. Die Verbraucher/innen profitieren ihrerseits davon, dass Google mit seinen Produkten die Suche im Internet revolutioniert und mit Android ein weit verbreitetes, leistungsstarkes Ökosystem für Mobilanwendungen geschaffen hat.

Jetzt hat die Europäische Kommission Google ein weiteres Mal wegen missbräuchlichen Verhaltens mit einer milliardenschweren Geldbuße belegt. Im vergangenen Jahr musste Google rund 2,4 Milliarden Euro zahlen, weil es die Suchergebnisse seines Preisvergleichsdienstes Google Shopping besser platziert haben soll als diejenigen der Konkurrenz. Google klagt gegen die Entscheidung. Diesmal betrifft es das mobile Ökosystem.

Die EU-Kommission sieht einen Marktmachtmissbrauch da­rin, dass Google im Umgang mit den Lizenznehmern des Smart­phone-Betriebssystems Android die Installation wichtiger Apps wie Google Play, Google Maps oder YouTube davon abhängig macht, dass die Lizenznehmer auch die Google-Suche und den Browser Google Chrome vorinstallieren. Android kann zwar eben­so ohne Auflagen genutzt werden, aber dann muss man auf alle in der Lizenzvereinbarung genannten Google-Produkte verzichten. Amazon hatte Letzteres zeitweise mit seinem Fire ­Phone probiert und ist damit am Markt gescheitert.

Aus Wettbewerbssicht sind Maßnahmen gegen Regelverstöße geboten

Während die Geldbußen die Schlagzeilen beherrschen, ist es aus Wettbewerbssicht relevanter, welche Maßnahmen nun ergriffen werden, um diese Verstöße abzustellen. Wenn der Vorwurf der EU-Kommission zutreffen sollte, könnte es für Google notwendig werden, Smartphone-Herstellern zu gestatten, einzelne wich­tige Apps wie Google Play oder YouTube auf dem Smartphone zu installieren, ohne das gesamte Paket nutzen zu müssen. Zudem könnten Kunden/-innen gefragt werden, welche von mehreren verschiedenen Apps sie bevorzugen.

Diese Wahlfreiheit musste 2009 auch Microsoft akzeptieren, als es den hauseigenen Browser Internet Explorer missbräuchlich mit dem Windows-Betriebssystem verknüpft hatte. In einem weiteren Schritt wäre daran zu denken, Google dazu zu bringen, seine Apps nicht nur über den Google Play Store zu vertreiben, sondern auch anderen App-Stores die Möglichkeit zu geben, diese anzubieten.

Google war lange für sein Motto „Don’t be evil“ bekannt. Das Motto des neuen Mutterkonzerns ist: „Do the right thing“. Beide lassen sich nur schwerlich mit einer mehrfachen Strafe wegen missbräuchlichen Verhaltens in Einklang bringen. Wettbewerber, und im Endeffekt Kunden/-innen, sind geschädigt worden. Es wäre dem Konzern zu empfehlen, statt nun erneut nur in Verteidigungsmodus zu gehen, sich aktiv in die Diskussion einzubringen, wie die Regeln des fairen Umgangs im digitalen Zeitalter auszusehen haben, und das eigene Verhalten konsequent daran anzupassen.