Genehmigungsverfahren für Windanlagen an Land sind langwierig und teuer

Nachgefragt

Nachgefragt bei ZEW-Ökonomin Marion Ott

Dr. Marion Ott zur Ausschreibung von Fördermitteln für Windenergieanlagen an Land

Bis zum Jahr 2030 sollen erneuerbare Energien 65 Prozent des deutschen Stromverbrauchs ausmachen. Deshalb will die Bundesregierung neue Fördermittel ausschreiben. In der Vergangenheit war der Wettbewerb um Fördermittel bei Windanlagen allerdings gering. Mangelnde Konkurrenz macht den Ausbau der erneuerbaren Energie für den Staat teuer, weil Unternehmen dann hohe Förderbeträge verlangen können.

Mit diesem Problem beschäftigt sich Dr.  Marion Ott, Wissenschaftlerin in der ZEW-Forschungsgruppe „Marktdesign“. Im  Interview erklärt sie, wie Auktionen für Fördermittel funktionieren und warum
der Wettbewerb schwächelt.

Wie laufen die Ausschreibungen von Fördermitteln für erneuerbare Energien ab?

Die Bundesnetzagentur schreibt mehrmals pro Jahr die Förderung eines bestimmten Volumens (in Megawatt) für Solar-, Wind- oder Biomasseanlagen aus. Energieunternehmen, die eine Anlagen bauen möchten, nehmen an einer passenden Ausschreibung teil. Sie treten mit einem vorentwickelten Projekt, das bestimmte Genehmigungen nachweisen kann, an. Ihr Gebot gibt das Volumen ihrer Anlage und ihren geforderten Förderbetrag in Cent pro Kilowattstunde an. Der geforderte Förderbetrag ist durch ein Höchstgebot nach oben begrenzt. In der Auktion werden die Gebote nach Förderbetrag geordnet und die kleinsten Gebote erhalten den Zuschlag bis das ausgeschriebene Volumen überschritten wird. Jede Anlage mit Zuschlag wird im Fall ihrer Realisierung für 20 Jahre für jede produzierte Kilowattstunde gefördert. In den meisten Ausschreibungen bestimmt der gebotene Förderbetrag pro produzierter Kilowattstunde den garantierten Verkaufspreis; in einigen bestimmt er einen garantierten Aufschlag auf den Strommarktpreis.

Warum ist Wettbewerb bei Ausschreibungen so wichtig?

Die Ausschreibungen wurden eingeführt, um die Förderung besser an die Kosten der Erzeugung erneuerbaren Energie anzupassen. Die Produzenten können ihre Kosten besser einschätzen als eine Behörde. Vor Einführung der Ausschreibungen musste eine Behörde den Fördersatz festlegen. Bei Wettbewerb um Fördermittel in Ausschreibungen orientieren sich die Gebote an den Kosten, erhalten die Produzenten mit dem geringsten Förderbedarf den Zuschlag, und sinken die Förderkosten, wenn die Kosten der Erzeugung erneuerbarer Energien sinken. In Ausschreibungen ohne Wettbewerb, in denen jeder Bieter einen Zuschlag erhält, da das angebotene Volumen kleiner ist als das ausgeschriebene, bestimmt letztlich über den Höchstpreis wieder die Behörde den Fördersatz. Dies ist derzeit der Fall in den Auktionen für Wind an Land. Mehrmals erhielten alle Gebote den Zuschlag und in den vergangenen Auktionen haben alle Bieter den Höchstpreis geboten.

Woran liegt es, dass oft nur wenige Gebote für den Bau von Windenergieanlagen eingehen?

Die Bieter dürfen nur mit vorentwickelten Anlagen an der Auktion teilnehmen, d.h. sie müssen eine Lage für die Anlage angeben und Genehmigungen vorweisen. Diese Anforderungen halten die Realisierungswahrscheinlichkeit der Anlagen hinter den zugeschlagenen Geboten hoch. Die Vorentwicklung ist jedoch kostspielig. Gerade für Wind an Land sind die Genehmigungsverfahren aufwendig und langwierig, z.B. durch Klagen vor Gericht oder Konflikte mit Flugnavigationsanlagen oder militärischer Luftraumnutzung. Werden diese Kosten sehr hoch, lohnt sich für Unternehmen mit geringen Erfolgsaussichten in der Auktion die Teilnahme nicht mehr. Zudem wird es durch restriktive Mindestabstandsregelungen zu Siedlungen zunehmend schwieriger, Flächen für Anlagen zu finden.

Wie sollten die Ausschreibungen am besten gestaltet sein, um den Ausbau der Windenergie zu befördern?

Generell ist die europaweite Umstellung der Vergabe der Fördermittel über Auktionen statt über festgelegte Fördersätze zu begrüßen. Die Auktion ist dazu da, vorhandenen Wettbewerb zu nutzen, um Förderung effizient zu verteilen und das Ausbauziel zu möglichst geringen Kosten zu erreichen. Eine Auktion kann jedoch keinen Wettbewerb generieren, wenn die Unternehmen nicht bereit oder in der Lage sind, das ausgeschriebene Volumen bereitzustellen. Um Wettbewerb zu generieren, müssten sich die Rahmenbedingungen der Ausschreibungen verbessern. Die Vorbereitungskosten sollten nicht unnötig hoch sein, und sie sollten auch mit politischen Maßnahmen gesenkt werden, damit die Teilnahme an den Auktionen wieder attraktiv wird. Die Genehmigungsverfahren müssten einfacher, schneller und sicherer werden und es müssten wieder mehr Flächen für den Ausbau von Wind an Land zur Verfügung stehen.

Die Bundesregierung hat überlegt, bei geringem Wettbewerb die teuersten Projekte von der Förderung auszuschließen. Was bewirkt diese Maßnahme?

Seit einiger Zeit kursiert eine Idee, die auch auf europäischer Ebene diskutiert wird, die Auktionsregeln für Wind an Land umzugestalten: Falls das angebotene Volumen das ausgeschriebene Volumen unterschreitet, wird das zugeschlagene Volumen unter das ausgeschriebene reduziert. Dadurch soll verhindert werden, dass bei schwacher Konkurrenz alle den Höchstpreis bieten. Diese Regelung wurde zum Beispiel für Innovationsausschreibungen für Anlagenkombinationen beschlossen: Bei Unterzeichnung der Auktion erhalten nur 80 Prozent des ausgeschriebenen Volumens einen Zuschlag. Ein Unternehmen, das sich als den schwächsten Teilnehmer mit den höchsten Erzeugungskosten einordnet, wird bei dieser Regelung keine Chance auf einen Zuschlag sehen. Deshalb wird es die kostspielige Vorentwicklung des Projekts nicht auf sich nehmen und nicht teilnehmen. Andere werden dies antizipieren, dadurch sich selbst als schwächsten Teilnehmer einordnen und nicht teilnehmen. Diese Überlegung führt zu einer Abwärtsspirale beim Angebot. Somit reduziert diese Regelung die Anreize zur Teilnahme stark, so dass der ohnehin schwache Wettbewerb weiter geschwächt wird.