European Tax Analyzer

Auftraggeber und Zuwendungsgeber

Die wissenschaftliche Verankerung der Forschung zeigt sich u. a. in der Bewilligung von zahlreichen Projekten seitens der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Die praktische Relevanz der Arbeiten wird durch vielfältige Forschungsaufträge für nationale und ausländische Ministerien sowie supranationale Institutionen dokumentiert. So wurden in den vergangenen Jahren u. a. Forschungsaufträge mit betriebswirtschaftlichen und steuerpolitischen Fragestellungen für das Bundesfinanzministerium, das Bundeswirtschaftsministerium, das niederländische Finanzministerium sowie die Europäische Kommission durchgeführt. Zuletzt kam das Instrument bei der Berechnung des Update 2022 des Länderindex der Stiftung Familienunternehmen sowie im Rahmen einer Studie für die Europäische Kommission zum Einsatz.

Computersimulationsprogramm zur Messung und Analyse der nationalen und internationalen Unternehmenssteuerbelastung

Der European Tax Analyzer bildet das Kernstück des ZEW-Instrumentariums für internationale Steuerbelastungsvergleiche. Der "European Tax Analyzer" ist ein finanzplanbasiertes Simulationsmodells, mit dem die effektiven Steuerbelastungen von Unternehmen und ihren Gesellschaftern unter Berücksichtigung aller relevanten Steuerarten und deren Interdependenzen über einen Zeitraum von zehn Jahren berechnet werden. Die besondere Stärke des European Tax Analyzers liegt in dem hohen Detaillierungsgrad, mit dem Steuersysteme, Steuerarten, Tarife und Bemessungsgrundlagenvorschriften abgebildet werden können. Auch komplexe Regelungen wie Zinsabzugsbeschränkungen, Steueranreize für Forschung und Entwicklung oder besondere Steuerregelungen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) können im Rahmen der Simulation berücksichtigt werden. Zudem ist das Modell sehr flexibel: das zugrunde gelegte Musterunternehmen kann hinsichtlich Größe (groß, mittel, klein, mikro), Branche und zentraler Kennziffern wie der Umsatzrentabilität variiert werden. In der aktuellen Version sind die relevanten Regelungen der EU-27 sowie von sechs Nicht-EU Staaten (China, Japan, Kanada, USA (Kalifornien), Schweiz (Zürich) und Großbritannien) implementiert.

Methodik und Modellprämissen

Die effektive Steuerbelastung wird im Rahmen des European Tax Analyzers mit einer Veranlagungssimulation ermittelt, bei der ein Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft (oder alternativ einer Personengesellschaft) gemäß den jeweiligen steuerlichen Regeln unter sonst gleichen ökonomischen Bedingungen veranlagt wird. Maßgröße der effektiven Steuerbelastung ist die steuerbedingte Reduktion des Endvermögens, welches das Unternehmen – bzw. die Gesellschafter bei Betrachtung der Gesamtebene – nach zehn Simulationsperioden aufweist. Diese Kennzahl zeichnet sich dadurch aus, dass neben den liquiditätswirksamen periodischen Steuerzahlungen auch die damit verbundenen Zinswirkungen vollständig erfasst werden. Die Ausgangsgröße für die Steuerberechnungen bilden die Daten der Vermögens- und Kapitalausstattung eines Musterunternehmens, das die Bilanz- und Ertragsstrukturen einer durchschnittlichen Kapitalgesellschaft in Europa aufweist. Als Datenbasis für das große Musterunternehmen dienen derzeit Bilanz- und GuV-Daten von 25.490 Unternehmen, die der AMADEUS Datenbank des Büros von Dijk (Update September 2013) entnommen wurden. Demnach weist das Modellunternehmens in der Mitte des Betrachtungszeitraumes (Periode 6) eine Bilanzsumme von 171,9 Mio. €, eine Eigenkapitalquote von 42,57 Prozent, eine Umsatzrentabilität von 4,95 Prozent, eine Eigenkapitalrentabilität von 16,53 Prozent sowie eine Anlagenintensität von 23,93 Prozent auf.

Für weitere Details zu Methodik und Modellprämissen vgl.

  • Spengel, Christoph, Rainer Bräutigam und Maria-Theresia Evers (2014), Steuerbelastungen von Kapitalgesellschaften in der EU: Trends zum Jahreswechsel 2013/2014, Der Betrieb 2014, 1096-1101.
  • Spengel, Christoph und Benedikt Zinn (2011), Vermögensabgaben aus ökonomischer Sicht - Eine quantitative Analyse unter Berücksichtigung aktueller politischer Reformvorschläge, Steuer und Wirtschaft 2/2011, 173-188.
  • Spengel, Christoph und Andreas Oestreicher (2011), Common Corporate Tax Base in the EU - Impact on the Size of Tax Bases and Effective Tax Burdens, ZEW Economic Studies, Bd. 43, Heidelberg.
  • Spengel, Christoph (1995), Europäische Steuerbelastungsvergleiche, Düsseldorf.

Anwendungsfelder

Der European Tax Analyzer wird seit der Gründung des ZEW im Jahr 1991 in enger Kooperation mit der Universität Mannheim entwickelt und ausgebaut. Die bisherigen Analysegebiete umfassten neben internationalen Steuerlast- und Strukturvergleichen insbesondere die Beurteilung von Steuerreformvorschlägen in Deutschland. So wurde u.a. eine quantitative Analyse bezüglich der Wirkungen der Einführung einer Dualen Einkommensteuer in Deutschland auf die effektive Steuerbelastung von Unternehmen durchgeführt und dem Sachverständigenrat zur Verfügung gestellt. Zudem wurden auch die Auswirkungen von Steuerreformvorschlägen zur Wiederbelebung der Vermögensteuer in Deutschland quantifiziert. Neben diesen Arbeitsgebieten kam der European Tax Analyzer schon häufig bei der Entwicklung und Analyse umfassender alternativer Besteuerungskonzepte zur Reform der Unternehmensbesteuerung in Europa (Änderung bestehender Systeme, Cash-Flow-Steuern, Ökosteuer), der Untersuchung der kombinierten Wirkungen von Steuern und Sozialabgaben auf das unternehmerische Investitionsverhalten, der Analyse der Auswirkung spezieller Steueranreize für KMU auf die effektive Steuerbelastung sowie der Quantifizierung der Konsequenzen einer gemeinsamen Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage (GKB) für die Steuerbelastung in den EU-Mitgliedstaaten zur Anwendung.