Höhere Feinstaubbelastung führt zu mehr Straftaten

Forschung

Aktuelle Studie des ZEW Mannheim aus dem Forschungsbereich „Umwelt- und Klimaökonomik“ analysiert den Zusammenhang von Feinstaubbelastung und Kriminalität.

Eine steigende Umweltbelastung hat nicht nur gesundheitliche Folgen für die Bevölkerung, sondern beeinflusst auch die Kriminalitätsrate. Nimmt die Feinstaubbelastung um zehn Mikrogramm PM10 pro Kubikmeter zu, so steigt die die Anzahl der Straftaten um 4,6 Prozent. Dies zeigt eine aktuelle Studie des ZEW Mannheim, die diesen Zusammenhang für verschiedene Regionen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz für die Jahre 2015 bis 2017 analysiert.

„Während sich bisherige Studien auf Metropolen wie London oder Chicago konzentrierten, betrachtet die ZEW-Studie weniger stark bevölkerte – und damit auch weniger stark von Luftverschmutzung betroffene – Gebiete“, erläutert Prof. Kathrine von Graevenitz, PhD, Wissenschaftlerin im ZEW-Forschungsbereich „Umwelt- und Klimaökonomik“. In den untersuchten Regionen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz beträgt die durchschnittliche Feinstaubbelastung 15,69 Mikrogramm PM10 pro Kubikmeter, und die durchschnittliche Kriminalitätsrate liegt bei 8,76 je 100.000 Einwohner/innen. „Der Einfluss der Luftverschmutzung auf die Kriminalitätsrate ist also selbst dann nachweisbar, wenn die PM10-Konzentration deutlich unter den in der Europäischen Union geltenden Grenzen von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter liegt“, sagt Yasemin Karamik, Studienautorin und Wissenschaftlerin im ZEW-Forschungsbereich „Gesundheitsmärkte und Gesundheitspolitik“. Eine weitere Verringerung der Luftverschmutzung könnte sich demnach nicht nur positiv auf die Gesundheit der Bevölkerung auswirken, sondern auch zu weniger Kriminalität beitragen.

Die ZEW-Studie beruht auf mehreren Datensätzen, die Informationen zur täglichen Entwicklung von Wetter (insbesondere Wind), Luftverschmutzung und Straftaten kombinieren. Die Daten zum Wind stammen vom Deutschen Wetterdienst, die Daten zur Luftverschmutzung vom Umweltbundesamt. Die Studie konzentriert sich auf die Auswirkungen von PM10, da dies der am häufigsten gemessene Schadstoff in Deutschland ist. Mit PM10 bezeichnet das Umweltbundesamt eine bestimmte Art von Feinstaub, nämlich Partikel mit einem aerodynamischen Durchschnitt von weniger als zehn Mikrometern. Die Daten zur Kriminalität stellen die Landeskriminalämter Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz zur Verfügung.

Die größte Herausforderung für die Analyse besteht darin, den Effekt der Luftverschmutzung von dem Effekt menschlicher Aktivitäten (die Luftverschmutzung erzeugen, z.B. Verkehr) und Wetterbedingungen (die Luftverschmutzung begünstigen) zu trennen.  Durch die Nutzung der Variation in der Luftverschmutzung, die durch Windrichtung entsteht, können die Studienautorinnen den Effekt von Luftverschmutzung auf Kriminalität von anderen Faktoren unterscheiden. Die Forschung in Medizin, Biologie und Psychologie hat sich in den vergangen Jahren mit den Wegen auseinandergesetzt, wie Luftverschmutzung Verbrechen beeinflussen kann. Schadstoffe, wie z.B. PM10, können direkt auf den Körper des Menschen einwirken, beispielsweise indem sie eine Veränderung der Hormonlevel (z.B. Stresshormon) verursacht. Eine solche Veränderung kann wiederum das Verhalten beeinflussen. Folglich könnte eine steigende Luftverschmutzung zu einer Zunahme von Verbrechen führen.

Allgemeine Dokumente

Discussion Paper „Gone With the Wind: The Effect of Air Pollution on Crime – Evidence From Germany“ (in englischer Sprache)