Steuervergünstigungsabbaugesetz: Steuerpläne gefährden Investitionen

Forschung

Die von der Bundesregierung im Steuervergünstigungsabbaugesetz angestrebten Änderungen bei der Unternehmensbesteuerung werden bei den betroffenen Unternehmen durchweg zu steuerlichen Mehrbelastungen führen.

Dies zeigen Berechnungen des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim und der Universität Mannheim. Die Steuerpolitik weicht damit von der Linie der angekündigten Steuersenkungen ab und ist dabei, weiteres Vertrauenskapital der Investoren zu verspielen.

Mit Blick auf die Unternehmenssteuerbelastung zählt Deutschland im internationalen Vergleich bereits jetzt zu den Hochsteuerländern. Während beispielsweise Frankreich die Unternehmenssteuern in diesem Jahr erneut gesenkt hat, belastet die bereits beschlossene, auf 2003 beschränkte Erhöhung des Körperschaftsteuersatzes von 25 auf 26,5 Prozent deutsche Unternehmen zusätzlich. Die vorgesehene Verschlechterung der Abschreibungsbedingungen bei Gebäudeinvestitionen würde die Belastung nur leicht erhöhen. Weit höher zu Buche schlägt bei Unternehmen, die hohe Lagerbestände führen und diese bisher nach der steuerlich günstigen Lifo-Methode bewertet haben, dass diese Bewertungsmethode abgeschafft werden soll. Diese Maßnahmen zusammengenommen, können die Mehrbelastungen für die Unternehmen nach Berechnungen des ZEW im Einzelfall je nach Branche zwischen 3,95 und 11,35 Prozent betragen (siehe Tabelle).

Darüber hinaus soll die Verlustverrechnung durch zahlreiche Maßnahmen beschränkt werden. Dies belastet vor allem innovative Investitionsvorhaben. Auch Umstrukturierungsvorgänge werden erschwert, weil künftig Verlustvorträge in der Regel nicht mehr übertragen werden können. Damit wird der in der Unternehmenssteuerreform 2001 vorgesehenen "Entflechtung der Deutschland-AG" sicherlich nicht gedient. Schaden nehmen sowohl die binnenwirtschaftliche Investitionsbereitschaft als auch die internationale Standortattraktivität Deutschlands für ausländische Investoren.

Auch zu mehr Steuergerechtigkeit, Steuertransparenz und einer Verbesserung der Steuersystematik tragen die geplanten Maßnahmen nicht bei. Wesentliche Komponenten der im Entwurf sowie später vorgeschlagenen Steueränderungen führen vielmehr zu einer weiteren Zersplitterung des Steuerrechts. Veräußerungsgewinne, Zinsen und die Gewinne von Kleinunternehmern sollen ermäßigten Steuersätzen unterworfen werden, was weitere Abgrenzungsprobleme und damit neue Steuerschlupflöcher schafft. Die Zersplitterung des Steuerrechts bereitet zudem den Boden für weitere punktuelle steuerliche Vergünstigungen und Benachteiligungen.

Private Zinseinkünfte sollen aus nachvollziehbaren Gründen mit einem ermäßigten Steuersatz von 25 Prozent besteuert werden. Unternehmensgewinne werden hingegen nicht entlastet. Manch ein Unternehmer wird sich deshalb fragen, weshalb er die Gewinne seiner riskanteren, mit Eigenkapital finanzierten Investitionen dann noch einer etwa doppelt so hohen Steuerbelastung unterwerfen soll. Zudem drohen ihm in Verlustsituationen weitere steuerliche Nachteile. Gesellschafter von Kapitalgesellschaften mögen ihre Unternehmen vermehrt mit Gesellschafterkrediten finanzieren und so möglicherweise von dem niedrigeren Steuersatz profitieren. Vielen Unternehmern, die nicht als Kapitalgesellschaft firmieren, steht dieser Weg nach geltendem Steuerrecht jedoch nicht offen. Die vorgesehe-nen Maßnahmen verschärfen somit die bereits bestehenden Belastungsunterschiede in Abhängigkeit von der Unternehmensrechtsform.

Die Steuerpolitik sollte eine konzeptionelle Neuordnung der Unternehmensbesteuerung verfolgen. Dies erfordert eine grundsätzliche Entscheidung darüber, wie die Unternehmensbesteuerung in die Einkommensteuer integriert werden soll. Vonnöten sind zudem nachvollziehbare Kriterien für die Abgrenzung der betrieblichen von der nicht betrieblichen Sphäre. Dabei sind auch Aspekte der grenzüberschreitenden Tätigkeit von Unternehmen sowie die Vorgaben des Europarechts zu berücksichtigen. Die derzeit wohl wichtigste Voraussetzung für eine Belebung der Investitionstätigkeit in Deutschland ist es jedoch, dass nationale und ausländische Investoren wieder Vertrauen in die Stetigkeit einer Steuerpolitik gewinnen, welche vernünftige Rahmenbedingungen für Investitionen schafft.

Verfasser der Studie

Otto H. Jacobs (Universität Mannheim), Ulrich Schreiber (Universität Mannheim), Christoph Spengel (Universität Mannheim und ZEW), Gerd Gutekunst (ZEW), Lothar Lammersen (ZEW)

Ansprechpartner

Dr. Gerd Gutekunst, E-Mail: gutekunst@zew.de

Dr. Lothar Lammersen, E-Mail: lammersen@zew.de