ZEW-CS Finanzmarkttest für die Schweiz - Einschätzung der gegenwärtigen Lage auf dem Höchststand seit Beginn der Umfrage, der Indikator bezüglich der Konjunkturerwartungen sinkt deutlich auf -14,1 Punkte

Konjunkturindikator Schweiz

In der im Oktober 2006 vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Zusammenarbeit mit Credit Suisse (CS) durchgeführten Umfrage hat sich die Einschätzung der Finanzmarktexperten bezüglich der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage in der Schweiz verbessert und sogar den höchsten Stand seit Beginn der Umfrage erreicht. Im Gegensatz dazu fällt der Indikator für die Erwartungen bezüglich der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung auf -14,1 Punkte. Hierbei gehen 24,6 Prozent (+7,4 Prozent) der Befragten davon aus, dass sich die wirtschaftliche Dynamik verschlechtern wird, während nur noch 10,5 Prozent (-8,5 Prozent) eine Verbesserung erwarten. Weniger Umfrageteilnehmer erwarten einen Inflationsanstieg, ein Großteil eine weitere Straffung der Geldpolitik. Nur 7 Prozent erwarten eine weitere Abwertung des Schweizerfranken zum Euro.

Die Umfrageteilnehmer zeichnen nach wie vor ein sehr günstiges Bild der aktuellen Lage der Schweizer Wirtschaft. Der entsprechende Indikator erreicht mit 94,7 Punkten das Maximum seit Beginn der Umfrage und übertrifft den Vormonatswert um 10,2 Punkte. Während die Einschätzung der gegenwärtigen Lage kaum besser sein könnte, zeigt die Beurteilung der Zukunftsaussichten ein vergleichsweise nüchternes Bild. Erstmals seit Beginn der Umfrage nimmt der entsprechende Indikator einen negativen Wert an, der darüber hinaus noch mit -14,1 eindeutig ausfällt. Damit ist dieser Wert zum dritten Mal in Folge gesunken. Nur 10,5 Prozent der Umfrageteilnehmer gehen von einer weiteren Verbesserung der wirtschaftlichen Dynamik aus, während 64,9 Prozent keine Veränderung und 24,6 Prozent eine Verschlechterung erwarten. Allerdings ist dieser Indikator weniger beunruhigend, als vielleicht auf den ersten Blick anzunehmen ist. Schließlich darf nicht vergessen werden, dass bei der momentanen konjunkturellen Hochphase kaum eine Verbesserung möglich ist und auch eine unveränderte Wirtschaftslage eine durchaus optimistische Einschätzung darstellt.

Ein Blick auf die Indikatoren für die weiteren abgefragten Länder zeigt, dass eine Abkühlung der Konjunktur in den wichtigsten Wirtschaftsländern, insbesondere in den USA, erwartet wird. Diese Abschwächung dürfte auch an der Schweiz nicht spurlos vorübergehen, wenngleich der stärkere private Konsum die Abhängigkeit von der internationalen Entwicklung dämpfen sollte.

Die Inflationserwartungen sind erneut gesunken. Der entsprechende Wert liegt mit nunmehr 10,6 Punkten um 22,2 Punkte unter dem Ergebnis vom September. Interessant ist, dass der prognostizierte geringere Preisauftrieb zu einer Zeit festzustellen ist, in der ein erneutes Ansteigen der Ölpreise erwartet wird (siehe unten).

Der Anteil der Umfrageteilnehmer, der eine weitere Zinserhöhung durch die Schweizerische Nationalbank erwartet, ist erneut zurückgegangen. Dennoch halten etwa drei Viertel der Teilnehmer eine Fortführung der Politik der graduellen Zinsanpassungen für wahrscheinlich. Den Umfrageergebnissen zufolge erscheint hingegen ein weiterer Anstieg der langfristigen Zinsen weniger wahrscheinlich. Der entsprechende Indikator hat seinen kontinuierlichen Abwärtstrend seit Beginn der Umfrage fortgesetzt und liegt im Oktober bei 42,0.

Der Swiss Market Index (SMI) hat in den vergangenen Wochen mit über 8.600 Punkten einen neuen Höchststand erreicht. Das überdurchschnittlich hohe Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr sowie die niedrigen Zinsen trugen dazu bei, dass die Performance des SMI seit Jahresbeginn fast 12 Prozent beträgt. Auch andere europäische Börsen sowie der Dow Jones verzeichneten neue Höchststände oder zumindest deutliche Kursanstiege. Dennoch halten die Experten den Aktienmarkt nicht für überbewertet, fast die Hälfte (47,3 Prozent) geht von einer weiteren Kurssteigerung am schweizerischen Aktienmarkt aus und lediglich 18,2 Prozent erwarten einen Rückgang. Gemäß dieser Einschätzung sollte die positive Entwicklung in den nächsten Monaten anhalten.

Der Schweizerfranken hat sich in den vergangenen Monaten gegenüber dem Euro deutlich abgeschwächt. Die Auswertung der Umfrage bezüglich der erwarteten Wechselkursentwicklung des Schweizerfrankens zum Euro zeigt, dass 49,1 Prozent der Teilnehmer nunmehr eine Aufwertung erwarten, während lediglich 7,0 Prozent von einer weiteren Abwertung ausgehen. Dies bringt den Indikator auf 42,1 Punkte, was im Vergleich zum Vormonat einem Anstieg von 12,7 Punkten gleichkommt.

Seit dem Höchststand Anfang August sind die Ölpreise um knapp 25 Prozent gesunken. Allerdings scheint sich die geplante Drosselung der Fördermenge durch die OPEC bereits auf die Erwartungen der Umfrageteilnehmer auszuwirken. Diesen zufolge dürfte sich der Preisrückgang nicht mehr allzu lange fortsetzen.

Die Spezialfrage in diesem Monat befasste sich mit Immobilieninvestitionen. Gemäß den Umfragteilnehmern sollten Immobilieninvestitionen bei privaten Investoren einen geringeren Portfolioanteil ausmachen als bei institutionellen. Hierbei sollten Private einen größeren Anteil indirekt investieren. Geografisch werden die größten Renditemöglichkeiten in Osteuropa gesehen. Details werden in der nächsten Ausgabe des Finanzmarktreport Schweiz publiziert werden.

Ablauf der Umfrage und Methodologie

Eine analoge monatliche Untersuchung für Deutschland führt das ZEW seit 1991 durch. Ziel der Schweizer Umfrage ist, Indikatoren sowohl für das allgemeine Konjunkturklima der Schweiz als auch für den schweizerischen Dienstleistungssektor zu entwickeln.

Im Einzelnen werden die Finanzexperten nach ihren mittelfristigen Erwartungen befragt, die sie für wichtige internationale Finanzmärkte hinsichtlich der Entwicklung der Konjunktur, der Inflationsrate, der kurz- und langfristigen Zinsen, der Aktienkurse und der Wechselkurse haben. Zusätzlich werden die Finanzexperten um eine Einschätzung der Ertragslage der Unternehmen in folgenden schweizerischen Dienstleistungsbranchen gebeten: Banken, Versicherungen, Konsum/Handel, Telekommunikation und Gesamt.

Die Salden ergeben sich aus der Differenz der positiven und der negativen Anteile. Die Werte in Klammern zeigen die Veränderungen jedes Indikators gegenüber dem Vormonat.

Detaillierte Ergebnisse enthält der "Finanzmarktreport Schweiz", der monatlich in Englisch erscheint.

Ansprechpartner

Gunnar Lang (ZEW), Telefon: 0621/1235-372, E-Mail: lang@zew.de  

Thomas Herrmann (CS), Telefon: +41/44/333-5062, E-Mail: thomas.herrmann@credit-suisse.com