Portfolioinvestitionen in Mittel- und Osteuropa

Forschung

Die Kapitalmärkte der ehemals kommunistischen Länder Mittel- und Osteuropas entwickeln sich in Richtung westlicher Standards, allerdings in unterschiedlichem Tempo. Ungarn, Polen und Estland sind in den Augen westlicher Portfoliomanager am weitesten im Reformprozess vorangeschritten. Dagegen hat die Tschechische Republik und in noch stärkerem Maße Russland noch einiges nachzuholen. Dies geht aus einer aktuellen Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, hervor.

Die Studie analysiert die Attraktivität der Kapitalmärkte Osteuropas aus der Perspektive institutioneller Anleger. In einer Umfrage unter Portfoliomanagern von mehr als zwanzig großen westeuropäischen Investmentfonds, die sich auf Osteuropa spezialisiert haben, fragte das ZEW, welche Kriterien diese aktiven Marktteilnehmer für ihre Investmententscheidung verwenden. Anhand dieser Kriterien sollten sie sodann die Länder Polen, Ungarn, die Tschechische Republik, Slowenien, Estland und Russland beurteilen.

Als wichtigstes Anlagekriterium nannten die Manager, die insgesamt über ein Fondsvolumen von 2,3 Milliarden Euro in Osteuropa verfügen, die Liquidität der Märkte. Hieran mangelt es nach ihrer Aussage aber in allen osteuropäischen Ländern. Selbst Ungarn und Polen, die in puncto Liquidität fortgeschrittensten Länder, beurteilen sie nur mit einem "befriedigend". Das zweitwichtigste Kriterium ist für die Portfoliomanager die Qualifikation des Managements in den Firmen, in deren Aktien sie investieren wollen. Hier schneiden insbesondere Slowenien und Ungarn gut ab - wahrscheinlich weil in diesen Ländern die zentrale Verwaltungswirtschaft nie so stark entwickelt war wie beispielsweise in der Tschechischen Republik. Russische und tschechische Manager erhalten dementsprechend auch die schlechtesten Noten.

Allerdings verwenden die westlichen Fondsmanager auch eine Reihe zusätzlicher Kriterien für ihre Anlageentscheidung. So fällt beispielsweise ins Gewicht, ob ein Land über ein stabiles gesetzliches und politisches System verfügt. Gute Noten für Polen, Ungarn, Slowenien und Estland zeigen, dass diese Länder auf ihrem Weg in die Europäische Union schon weit gekommen sind. Neben guten Rahmenbedingungen muss eine Investition aber auch von der Ertragsseite her erfolgversprechend sein. So schätzen die Finanzmanager Ungarn und Estland höher ein, weil dort die Produktivität größer, aber auch der auf den Märkten herrschende Wettbewerb stärker sei. In der Qualifikation der Arbeitnehmer weichen die untersuchten Länder kaum voneinander ab.

Gewichtige Unterschiede zeigen sich in der Regulierung der Finanzmärkte. In der Tschechischen Republik, Slowenien und Russland werden in- und ausländische Investoren nicht gleich behandelt. Verantwortlich hierfür sein dürften beim tschechischen und beim russischen Markt schlechte Transparenz, beim slowenischen Markt Investitionshemmnisse. Auch ist der Schutz von Minderheitsaktionären in allen Ländern bisher nur schwach entwickelt, mit Ausnahme Ungarns und Estlands. Handelsaufsicht, Kriterien für die Börsenzulassung und Publizitätspflichten sind nach Meinung der Fondsverwalter am striktesten in Polen und Ungarn.

In den vergangenen Jahren haben alle Länder die Regulierung der Finanz;märkte stark an EU-Standards angepasst. Es kommt jedoch auf deren Umsetzung in der Praxis an, sagen die Fondsmanager. Und diese sei in der Tschechischen Republik und vor allem in Russland unzureichend.

Ansprechpartner

Dr. Jens Köke, E-Mail: koeke@zew.de