Mittel- und Osteuropa: Stärkerer Einfluss externer Kapitalgeber lässt Arbeitsproduktivität der Unternehmen steigen

Forschung

Die Produktivität der Unternehmen Mittel- und Osteuropas ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Wie eine neue Untersuchung des ZEW zeigt, steht diese Entwicklung damit in Zusammenhang, dass die Unternehmen Mittel- und Osteuropas in den vergangenen Jahren immer stärker die Kapitalmärkte zur Finanzierung ihrer Investitionen genutzt haben.

So reduzieren Unternehmen mit niedriger Arbeitsproduktivität ihre Beschäftigung eher, wenn sie sich stark durch die Aufnahme neuen Eigen- oder Fremdkapitals finanzieren, also externe Kapitalgeber - Gläubiger und Investoren - recht einflussreich sind. Die Verringerung der Beschäftigung ist aber ein Weg, die Arbeitsproduktivität zu steigern.
Dies scheint angesichts des Produktivitätsrückstands dringend notwendig: Slowenien als das Land mit der höchsten Arbeitsproduktivität in Osteuropa erreicht gerade einmal 21 Prozent der britischen Arbeitsproduktivität. Die Werte für Ungarn, Polen und die Tschechische Republik liegen zwischen 15 und 16 Prozent.

Nach dem Fall des eisernen Vorhangs hatten die Unternehmen Mittel- und Osteuropas noch keinen Zugang zu Kapitalmärkten und Krediten im westlichen Sinn. Dies hat sich in den neunziger Jahren grundlegend gewandelt: Die mittel- und osteuropäischen Unternehmen verzeichneten zunehmend hohe Wachstumsraten bei den Umsätzen. Offensichtlich reichten die anfangs noch hohen Gewinnmargen jedoch nicht aus, um alle notwendigen Investitionen zu finanzieren. Die Verschuldung stieg rasant an. In den Jahren 1993 bis 1995 lag das Verhältnis von Fremd- zu Gesamtkapital im Durchschnitt bei 37 Prozent, in den Jahren 1996 bis 1998 schon bei 48 Prozent. Besonders hoch verschuldet sind die Unternehmen in Estland (61 Prozent) und der Tschechischen Republik (57 Prozent). Der größte Teil dieses den Unternehmen zur Verfügung stehenden Fremdkapitals ist kurzfristig, das heißt mit einer Laufzeit von maximal einem Jahr. Dies stärkt die Verhandlungsposition der Kreditgeber gegenüber den Unternehmen.

Ein Vergleich der verschieden Finanzierungsquellen zeigt, dass die Finanzierung durch laufende und einbehaltene Gewinne klar dominiert. In den Jahren 1996 bis 1998 wurden etwa 59 Prozent der Investitionen intern finanziert, 35 Prozent durch Aufnahme von Fremdkapital und nur sechs Prozent durch Ausgabe von Aktien oder  Direktbeteiligungen. Die Finanzierung durch neues Eigenkapital war bei allen osteuropäischen Beitrittskandidaten zur Europäischen Union in den ersten Jahren der Transformation sogar wichtiger. Nur in Polen nahm die Bedeutung der Eigenkapitalfinanzierung während des Reformprozesses zu.

Ansprechpartner

Dr. Jens Köke, E-Mail: koeke@zew.de