Mergers & Acquisitions: Deutsches Übernahmegesetz greift zu kurz

Forschung

Das neue Übernahmegesetz der Bundesregierung, das einen geregelten Ablauf von Unternehmensübernahmen sicherstellen und die Interessen von Anteilseignern und Beschäftigten schützen soll, greift zu kurz. Sein Defizit: Es bezieht sich allein auf an der Börse notierte Unternehmen.

Die Wahrscheinlichkeit einer Übernahme für an der Börse notierte Unternehmen ist aber ähnlich hoch wie für nicht-notierte Unternehmen. Dies ist das Ergebnis einer Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, zu den Ursachen und Konsequenzen von Übernahmen und Fusionen in Deutschland. Angesichts der immensen Zahl von nicht-notierten Unternehmen in Deutschland ist daher eine Ausdehnung des geplanten Gesetzes auf alle Kapitalgesellschaften erforderlich.

Die Untersuchung zeigt weiter, dass Unternehmen, deren Haupteigentümer wechselt, durchschnittlich eine höhere Verschuldung und niedrigere Wachstumsperspektiven aufweisen als Unternehmen ohne einen Wechsel. Außerdem liegt die Rentabilität und Produktivität von übernommenen Unternehmen in der Regel unter dem jeweiligen Industriestandard. Dies deutet darauf hin, dass eher ineffiziente Unternehmen mit schwacher Finanzkraft übernommen werden. Auch scheinen Unternehmensübernahmen disziplinierend zu wirken. Denn nach erfolgter Übernahme verbessern sich Produktivität und Rentabilität deutlich, wenn auch nur langsam.

Als Folge von Eigentümerwechseln geht die Zahl der Beschäftigten in der Regel zurück: Zwei Jahre nach einer Übernahme werden deutlich mehr Arbeitnehmer entlassen als in Unternehmen ohne einen Eigentümerwechsel. Gleichzeitig steigt aber die Pro-Kopf-Entlohung der Beschäftigten in der Folge einer Übernahme an. Auch die Besetzung der unternehmensinternen Leitungsorgane Vorstand und Aufsichtsrat ändert sich nach erfolgter Übernahme häufig.

Einen gewissen Schutz gegen eine Übernahme bieten nach den Erkenntnissen der Studie die Größe eines Unternehmens und die Komplexität seiner Eigentümerstruktur. So sind Firmen, die durch gegenseitig verflochtene Unternehmen kontrolliert werden, einer deutlich geringeren Übernahmewahrscheinlichkeit ausgesetzt.

Entgegen der landläufigen Meinung sind die Eigentümerstrukturen deutscher Unternehmen relativ starken Veränderungen unterworfen. Die ZEW-Studie zeigt, dass in der Zeit von 1987 bis 1994 pro Jahr bei durchschnittlich mehr als sieben Prozent der knapp 1.000 untersuchten Unternehmen ein Wechsel des größten Eigentümers stattgefunden hat. Im internationalen Vergleich ist diese Frequenz des Eigentümerwechsels sogar höher als beispielsweise in den USA.

Ansprechpartner

Dr. Jens Köke, E-Mail: koeke@zew.de